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Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2017

Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2017
Der 40. Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2017 geht an den türkischen Journalisten Can Dündar. In einer Online-Abstimmung setzte er sich gegen die Mitbewerber „Anwältinnen ohne Grenzen“ und MOBIT e.V. durch. Zu den Preisträgern vergangener Jahre zählen unter anderem der Jesuitenpfarrer Klaus Mertes, das Projekt „Dritte Generation Ost“, der ostdeutsche Kommunalpolitiker Patrick Dahlemann, der sich besonders gegen Rechtsextremisten engagiert, und das „Netzwerk Demokratie und Courage e.V.“.
Die Preisvergabe koordiniert ein prominent besetztes Kuratorium, dem unter anderem Gustav Heinemanns Sohn Peter Heinemann, seine Enkelin Christina Rau, sein Schwiegersohn Prof. Manfred Wichelhaus sowie Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft angehören. Geleitet wird das Kuratorium von Henning Scherf, dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen.
Alle SPD-Mitglieder und interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten darüber mitentscheiden, wer den Preis erhalten soll.
Das Kuratorium hatte alle eingegangenen Vorschläge überprüft und drei ausgewählt. In einer Internet-Abstimmung wurde aus den Vorschlägen der diesjährige Preisträger ermittelt.
Der Gustav-Heinemann-Bürgerpreis wurde am 22. Mai 2017 im Willy-Brandt-Haus überreicht.



Martin Schulz: Laudatio auf Can Dündar
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Herunterladen der Datei: Martin Schulz: Laudatio auf Can Dündar (pdf), 123 KB)Rede von Can Dündar
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Vorschläge des Kuratoriums
Folgende drei Bewerbungen hat das Kuratorium aus den in den vergangenen Wochen eingereichten Vorschlägen ausgewählt und für den Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2017 nominiert:
Der türkische Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor wurde 1961 in Ankara geboren.
Dündar und die überregionale türkische Tageszeitung Cumhuriyet berichteten am 29. Mai 2015 unter der Überschrift „İşte Erdoğan'ın yok dediği silahlar“ („Hier sind die Waffen, die Erdoğan leugnet“) über Waffenlieferungen, die der türkische Geheimdienst MIT im Jahr 2014 per LKW an islamistische Milizen in Syrien geliefert haben soll.
Unmittelbar danach stellte Präsident Erdoğan persönlich gegen Dündar Strafanzeige, wegen des Verdachts auf Spionage und forderte darin lebenslange Haft wegen Beleidigung und übler Nachrede gegen den Geheimdienst. Am 26. November 2015 wurde Dündar zusammen mit dem Leiter des Hauptstadtbüros, Erdem Gül, wegen des Verdachts der Spionage und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung festgenommen.
Am 25. Februar 2016 erklärte das türkische Verfassungsgericht die Verhängung der Untersuchungshaft gegen Dündar und Gül für nicht rechtens; die beiden wurden daraufhin am 26. Februar 2016, nach drei Monaten Untersuchungshaft, entlassen. Am 25. April 2016 wurde Dündar wegen „Beleidigung des Staatspräsidenten“ zu einer Geldstrafe von etwa 29.000 Türkischen Lira (9.000 Euro) verurteilt.
Während Dündar am 6. Mai 2016 auf die Urteilsverkündung wartete, wurde ein Attentat auf ihn verübt. Dündars Frau und dessen Anwalt konnten den Attentäter überwältigen, Dündar wurde nicht verletzt.
Das Gericht hob das Ausreiseverbot gegen Dündar und Gül auf. Dündar legte Revision beim Kassationshof ein.Anfang Juli 2016 reiste er aus der Türkei nach Deutschland aus. Der Attentäter wurde im Oktober aus der Untersuchungshaft entlassen.
Nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 kündigte Dündar am 15. August 2016 an, er werde sich nach seiner Verurteilung zu knapp sechs Jahren Haft vorerst nicht der türkischen Justiz stellen. Er wolle aber kein politisches Asyl beantragen, sondern zurück in die Türkei.
Seit Anfang August 2016 schreibt Dündar eine regelmäßige politische Kolumne in der Wochenzeitung Die Zeit in deutscher und türkischer Sprache. Er gab seinen Rücktritt als Chefredakteur der Cumhuriyet bekannt; die Cumhuriyet-Kolumne werde er aber weiterführen.
Beim Neujahrsempfang des Bundesjustizministeriums mit Heiko Maas an der Spitze konnte Dündar am 25. Januar 2017 die Festrede halten. Das türkische Außenministerium bestellte den deutschen Botschafter ein, um sein „Unbehagen“ auszudrücken.
Dündar drängt in den etlichen Talkshows, Diskussionsrunden und Interviews zum Optimismus und zur verbesserten Integration, um die derzeitige Polarisierung zu überwinden.
„Anwältinnen ohne Grenzen“ wurde am 06. November 2007 als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Freiburg gegründet.
1. Vorsitzende und Gründerin ist Jasmina Prpić.
Ordentliche Mitglieder des Vereins sind Juristinnen unterschiedlicher Herkunftsländer aus Albanien, Ägypten, Argentinien, Bosnien-Herzegowina/Kroatien, Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Dominikanische Republik, Frankreich, Georgien, Griechenland, Indien, Iran, Italien, Kosovo, Libyen, Nigeria, Österreich, Peru, Rumänien, Russland, Schweiz, Serbien, Spanien/Palästina, Syrien und der Türkei.
Ziele des Vereins:
Ziel des Vereins ist die Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte von Frauen und der Abbau jeglicher Form von Ungleichbehandlung oder Diskriminierung im In- und Ausland sowie die Förderung der Völkerverständigung.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Problematik von Menschen mit Migrationshintergrund und deren Integration.
Neben der Vernetzung mit anderen Organisationen beabsichtigt der Verein, durch die Bildung von Auslandsgruppen international zu wachsen.
Umsetzung:
- Vernetzung mit anderen Frauenrechtsorganisationen zur Verbesserung und Verbreitung der Kenntnisse über Frauenrechte in nationalen Gesetzen und internationalen Konventionen, insbesondere über das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und die UN-Resolution 1325 - Frauen, Frieden und Sicherheit durch Vorträge, Workshops, Seminare, Konferenzen und Publikationen
- Umsetzung der Integration und Gleichstellung von Migrant*innen durch Aufklärung über bestehende Gesetze und Rechtsprechung (z.B. Familien- Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht, Schulsystem, Berufsausbildung und -ausübung, Gesundheitswesen usw.)
- Informationen über die rechtliche und tatsächliche Stellung von Frauen im In- und Ausland
- Juristische Vertretung von Frauen in ausgewählten Fällen vor den deutschen Gerichten, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Ausschüssen der UN-Menschenrechtsinstrumente (Präzedenzfälle)
- Auf Anfrage weltweite Entsendung von Prozessbeobachterinnen in Strafprozessen
- Information von Öffentlichkeit und Politik über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen
- Öffentliche Appelle zu politischen Prozessen
- Juristische Unterstützung von nationalen und internationalen Frauenorganisationen
- Mitwirkung an Schattenberichten für den CEDAW-Ausschuss zur Lage der Situation von Frauen in Deutschland
Preise
- Jasmina Prpic zur „Frau Europas 2012“
- AoG mit „Maria-Otto-Preis 2013“
- Jasmina Prpic mit „Elisabeth-Norgall-Preis 2015“
Der Verein MOBIT e.V. ist Träger der Mobilen Beratung in Thüringen: Für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus. Für die Beratungsarbeit stehen ihnen im Erfurter Büro sechs Beraterinnen und Berater zur Verfügung. In der Regel erfolgt die Beratungsarbeit bei den Akteuren vor Ort, zusätzlich befinden sich im Büro Beratungsräume sowie eine umfangreiche Fachbibliothek und verschiedene pädagogische Materialien.
Das Beratungsangebot ist speziell, d.h. zu den Themen Neonazismus, extreme Rechte, Rassismus und Antisemitismus – nicht zu „Gewalt und Extremismus“. Die Beratung erfolgt interaktiv – sie setzt an den Wünschen, Bedürfnissen und Kompetenzen der lokalen Akteure an. Die Beratung ist parteiisch im Sinne einer Demokratisierung der Gesellschaft.
Ziel des gemeinnützigen Vereines MOBIT e.V. ist die Stärkung demokratischer Strukturen und Initiativen für Menschenrechte und gegen extrem rechte Ideologien in Thüringen. Zu diesem Zweck unterhält MOBIT e.V. u. a. das Projekt MOBIT - Mobile Beratung in Thüringen: Für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus.
Mitglieder des MOBIT e.V. sind Einzelpersonen aus Wissenschaft und Politik sowie aus gesellschaftspolitischen Verbänden wie der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, dem Kirchenamt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Thüringen sowie dessen Mitgliedsgewerkschaften, den Parteien SPD, DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen.
Daneben zählen Personen aus den Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung und dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. zu den Mitgliedern, die selbst im Themenfeld Rechtsextremismus aktiv sind.
Das Mobile Beratungsteam bietet:
- Beratung für Initiativen, Projekte und engagierte Einzelpersonen
- Unterstützung kommunaler Aktionsbündnisse und regionaler Netzwerke
- Vermittlung von Handlungskompetenzen für MultiplikatorInnen in Schule, Ausbildung, Jugendarbeit, Jugendbildung, Verwaltung (Fortbildungen zur Wahrnehmung und Deutung rechtsextremer Jugendkultur/Rechtsextreme Symbole, Kleidung und Musik, Vermittlung erprobter Praxisprojekte, Entwicklung von nachhaltigen Handlungsstrategien)
- Dokumentation und Analyse rechtsextremer Dominanzbestrebungen und gesellschaftlicher Gegenstrategien
- Informierung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit
- Hilfe bei der Entwicklung von Anerkennungsformen für zivilgesellschaftliches Engagement
Vorstandsmitglieder:
- Sandro Witt: stellv. Bezirksvorsitzender DGB Hessen-Thüringen
- Wolfgang Nossen: langjähriger Vorsitzender Jüdische Landesgemeinde in Thüringen
- Martina Klein: Oberkircherätin und Bildungsdezernentin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM)
- Corinna Hersel: Bezirksgeschäftsführerin ver.di Thüringen
- Michael Ebenau: 1. Bevollmächtigter IG-Metall Jena-Saalfeld & Gera
- Matthias Quent: Soziologe und Rechtsextremismusforscher in Jena