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Marline Younan

Ich bin eine von vielen. Ich bin eine von euch. Ich bin Sozialdemokratin.

Warum eigentlich SPD? Warum Sozialdemokratie? Die Antworten auf diese Frage sind bunt. Sie sind laut und trotzig, sie sind stolz und liebevoll.

Wir sind rund 400.000 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Und jede*r von uns bringt seine eigene, besondere Geschichte mit. Einige davon erzählen wir in unserem Projekt #1von400Tausend.

Mein Name ist Marline Younan

... und ich bin in Syrien aufgewachsen. Niemals werde ich den 28. Februar 2013 vergessen. Meine Mutter bekam einen Anruf. Sie ließ alles fallen und rannte los. Zum Krankenhaus. Dort lag mein Vater, der gerade angeschossen wurde. Es war ein gezielter Anschlag auf ihn. In diesem Moment blieb für mich die Zeit stehen. Denn ich wusste nicht, ob ich ihn jemals wiedersehen würde.

Bis zu meinem 17. Lebensjahr waren wir eine glückliche Familie. Doch von einen auf den anderen Tag standen wir vor dem Nichts. Mein Vater, der Direktor im Tourismus-Amt war, wurde wegen seiner Arbeit von Terrorgruppen bedroht. Er hätte Hilfe gebraucht – von der Regierung. Doch die ließ ihn im Stich, schützte ihn nicht. Mein Vater machte seine Enttäuschung darüber sehr deutlich. Ein Regelverstoß für die Regierung, weshalb er als Kritiker des Regimes auf ihrer Liste landete.

Mein Vater wollte sich nicht unterkriegen lassen. Bis zu diesem einen besagten Tag. Er saß alleine im Büro. Plötzlich fiel ein Schuss, er kam aus dem Außenbereich. Das Blut lief sofort an ihm herunter, seine linke Schulter wurde getroffen. Er sackte zusammen. Zum Glück half ihm sofort ein Kollege, brachte ihn ins Krankenhaus und informierte meine Mutter. Bis heute wissen wir nicht, wer dahintersteckte.

Es bestand zum Glück keine Lebensgefahr, weshalb mein Vater abends wieder nach Hause durfte. Diese Bild, wie er mit blutverschmiertem Verband vor mir stand, hat sich für immer in meine Seele eingebrannt. Genau wie sein Gesichtsausdruck. Angstverzerrt und voller Sorgen. Und diese Panik, man könne auch uns was antun. Tagelang durften wir das Haus nicht mehr verlassen. Die Rollläden blieben unten. Freunde versorgten uns mit Essen.

Meinen Eltern war klar: So ein Leben macht keinen Sinn. Also trafen sie eine Entscheidung: Flucht. Noch am selben Abend packten wir unsere Rucksäcke mit den wichtigsten Dingen, stiegen in ein Auto und ließen unsere Heimat für immer zurück. Auch heute noch steigen mir die Tränen in die Augen, wenn ich an diesen Moment zurückdenken. Es war der Moment, in dem ich verstand: Ich würde meine Freunde nie wiedersehen. Ich würde mein Abi nicht beenden. Mir wurde der Boden unter den Füßen weggezogen.

Über einen Fluss flohen wir in der Dunkelheit in den Irak. Es waren nur sechs Kilometer, die wir mit dem Boot zurücklegen mussten. Sechs Kilometer, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten. Die Grenzen waren ja streng bewacht, jederzeit hätte uns also ein Schuss treffen können. Aber wir schafften es unbeschadet und kamen mit 20 weiteren Familien in eine Flüchtlingshalle. Zehn Tag blieben wir dort. Es war der Horror für mich. Wir hatten keinerlei Privatsphäre, ich traute mich nicht zu duschen oder zu schlafen. Immer hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Überall waren Fremde. Es fühlte sich bedrohlich an.

Eine kurdische Familie verhalf uns dann zu einem kleinen Haus. Doch wir merkten schnell, dass der Irak nicht unsere Endstation bleiben sollte. Mein Bruder und ich durften aufgrund sprachlicher Differenzen nicht zur Schule gehen. Alles fühlte sich wie eine Sackgasse an. Sieben Monate später ging es dann weiter für uns. Nach Europa. Deutschland. Gießen.

Dieser Schritt war das größte Glück. Ich lernte deutsch, machte mein Abi, fand neue Freunde. Aktuell studiere ich Politikwissenschaften und bin auch privat politisch aktiv. Inspiriert wurde ich dabei von einer SPD-Politikerin, sie war Oberbürgermeisterin, die ich 2018 kennenlernte. Es faszinierte mich vom ersten Augenblick an, wie respektvoll sie mit den Menschen umging. Wie sie jeden Einzelnen wahrnahm. Alles was sie tat, war so weit weg von dieser Ego-Politik, die ich aus meiner Heimat kannte. Es war die Art von Politik, die ich mir für mein Leben wünschte. Deshalb wurde ich Genossin.

Gemeinsam mit den Jusos und der SPD werde ich dafür kämpfen, dass Europa eine langfristige Lösung für die Flüchtlingskrise finde. Eine Lösung, in der nicht nur die reichen Länder in die Verantwortung genommen werden. Und die allen Flüchtlingen gerecht wird. Jeder Mensch, der in Not gerät, sollte die Chance bekommen, nochmal neu anfangen zu können. So wie ich. Die Narbe meines Vaters hält mir immer vor Augen, wie viel Glück wir hatten, dass wir in Deutschland eine neue Heimat finden durften.

Ihr seid Genossin oder Genosse und habt eine besondere Geschichte? Oder ihr kennt jemanden, der #1von400Tausend werden sollte? Dann meldet euch bei uns. Schreibt uns einfach eine Mail an 1von400Tausend(at)spd.de.

Wir freuen uns auf euch und eure Geschichten!