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Aktuelles

Foto: Sigmar Gabriel im Gespräch
dpa
02.03.2016 | Solidarprojekt für Deutschland

„Es geht uns um die ganze Gesellschaft“

Sigmar Gabriel

Mehr Investitionen in Kitas, Schulen, sozialen Wohnungsbau und in die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen: Mit seinem Vorstoß für ein neues „Solidarprojekt“ will Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel die Gesellschaft zusammenhalten. „Jetzt ist die Zeit, mutig weiterzudenken.“ Sein Namensbeitrag im Wortlaut.

Die Integration der Flüchtlinge ist eine mächtige Herausforderung für die kommenden Jahre. Aus dem schönen Satz „Wir schaffen das“ muss der Satz werden „Wir machen das“. Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die Aufgaben anpacken können.

Und wir können selbstbewusst sein. Denn wir sind in der Bundesregierung, in den Ländern und Kommunen der Motor für die schnelle und gute Integration von Flüchtlingen.

Es geht uns um die ganze Gesellschaft

Klar ist dabei für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer: Es geht uns um die ganze Gesellschaft. Das sagen wir seit Monaten: keinen "Flüchtlingswohnungsbau", sondern sozialer Wohnungsbau für alle, die bezahlbare Wohnungen suchen. Keine Flüchtlings-Kitas, sondern ausreichend Kinderkrippen und Kitas für alle, die einen Platz suchen. Und vor allem: Hilfe für die Städte und Gemeinden, denn sie schultern die eigentlichen Aufgaben der Integration. Keine Stadt soll die Leistungen für seine Bürgerinnen und Bürger einschränken müssen, um die Integrationsaufgaben finanzieren zu können.

Darauf müssen vor allem wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten achten: dass niemand in unserem Land den Eindruck gewinnt, seine berechtigten Sorgen oder Forderungen an die Politik würden nun nicht mehr gehört, weil sich die gesamte politische Debatte um die große Herausforderung der Flüchtlingszuwanderung dreht. Schnell kann daraus eine Stimmung werden, bei der die Flüchtlinge "schuld" sind, dass Aufgaben in Deutschland nicht angepackt werden. Das aber ist schon deshalb falsch, weil die Aufgaben schon vor der großen Zuwanderung klar waren: zu hohe Mieten vor allem in den Großstädten, Mini-Renten, die selbst nach 40 Jahren Arbeit noch unter der Sozialhilfe liegen oder fehlende Hilfen für Alleinerziehende, die arbeitslos bleiben, weil sie keine Betreuungsangebote für ihre Kinder finden. Grüne, Liberale und die Christdemokraten ignorieren das, weil sie ihr „Ohr nicht am Volke“ haben und ihnen die sozialen Fragen des Landes weit weniger wichtig sind.

Unser Solidarprojekt für alle

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben deshalb eine doppelte Integrationsaufgabe: diejenigen integrieren, die als Flüchtlinge zu uns kommen, aber auch unsere eigene Gesellschaft zusammenhalten. Deshalb streiten wir schon lange für Fortschritte, die allen Bürgerinnen und Bürgern in unserer Gesellschaft zu einem guten und sicheren Leben verhelfen. Wir brauchen ein neues Solidarprojekt für alle – auch für diejenigen, die schon lange in Deutschland leben.

Es geht um die ursozialdemokratische Forderung nach besseren Bildungschancen für alle. Es geht um Chancen am Arbeitsmarkt für all jene, die schon lange vergeblich versuchen, Tritt zu fassen. Es geht um Rentnerinnen und Rentner, die nach einem Leben voller Arbeit nicht von ihrer Rente leben können. Es geht um Familien, die gute Kitas brauchen und Wohnraum, den sie bezahlen können.

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren wichtige Vorhaben wie den Mindestlohn, die Rente mit 63 Jahren und die Mütterrente durchgesetzt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag aber auch noch Weiteres vorgenommen, das wir jetzt umsetzen müssen. Neben dem Gesetzentwurf zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen, der mit Arbeitgebern und Gewerkschaften abgestimmt ist, von der CSU aber aktuell blockiert wird, geht es auch um die Lebensleistungsrente, die Rentenangleichung Ost-West und das Bundesteilhabegesetz.

Politik für sozialen Fortschritt

Mit dem Bundesteilhabegesetz wollen wir Menschen mit Behinderungen darin unterstützen, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Wegen einer Behinderung soll niemand mehr bedürftig sein. Mit einer solidarischen Lebensleistungsrente soll sich Arbeit und langjährige Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung wieder auszahlen und im Alter zu einer Rente oberhalb der Grundsicherung führen. Eine solche Aufwertung niedriger Rentenansprüche hilft vor allem Menschen mit geringen Einkommen und denjenigen, die für Kinder gesorgt und Angehörige gepflegt haben. Über 25 Jahre nach der Wiedervereinigung können wir Unterschiede im Rentenrecht nicht mehr akzeptieren. Der Fahrplan zur vollständigen Rentenangleichung muss daher in dieser Wahlperiode gesetzlich festgeschrieben werden und bis 2020 umgesetzt sein. Das alles haben wir uns vorgenommen und das wollen wir auch umsetzen. Jetzt ist aber auch die Zeit, mutig weiterzudenken. Denn heute kommen zwei Entwicklungen zusammen: Haushaltsüberschüsse auf der einen und die Herausforderung, die Gesellschaft zusammenzuhalten, auf der anderen Seite. Verantwortliche Politik muss in einer solchen Zeit die Prioritäten richtig setzen.

Dafür kämpfen wir

In den aktuell laufenden Haushaltsverhandlungen kämpfen wir darum für:

  • insgesamt eine Milliarde Euro zusätzlich für Sprachkitas, Schulsozialarbeit und bessere Nachmittagsbetreuung,

  • eine Verstärkung der Initiativen gegen Langzeitarbeitslosigkeit für alle in Deutschland und die Schaffung von mehr geförderten Arbeitsgelegenheiten nicht nur für Flüchtlinge,

  • die Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus über die im vergangenen Jahr erfolgte Verdoppelung hinaus mit weiteren Mitteln des Bundes und eine Erhöhung der Mittel für Städtebauförderung (Programm "Soziale Stadt"), ebenso für steuerliche Anreize für den Neubau bezahlbaren Wohnraums.

Ja, das alles kostet Geld. Aber wenn wir jetzt nicht in den sozialen Zusammenhalt investieren, dann wird uns das am Ende mehr kosten als nur Geld. Und wie hoch die Folgekosten wären, wenn Rechtspopulisten die Gesellschaft spalten, kann heute noch keiner abschätzen.

Angesichts von Haushaltsüberschüssen in Milliardenhöhe soll keiner sagen, es sei kein Geld da für ein Solidarprojekt, das allen zugutekommt. Haushaltsdisziplin bleibt wichtig, aber vorhandene Reserven müssen wir vollständig nutzen. Wir müssen jetzt in den Zusammenhalt unserer Gesellschaft investieren. Das ist verantwortungsvolle Politik für die Zukunft unseres Landes.