Jetzt unterstützen!
Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, muss im Alter spürbar mehr haben als jemand, der nicht gearbeitet hat.
Unterstütze uns dabei. Regelmäßig Infos per E-Mail erhalten:
Frauen und Männer, die nur wenig Rente haben trotz eines langen Arbeitslebens, werden künftig spürbar mehr in der Tasche haben. Die Grundrente kommt! Auf die Einzelheiten haben sich am Sonntag die Spitzen der Großen Koalition geeinigt. Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer lobt den Kompromiss als „sozialpolitischen Meilenstein“.
Wer 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, hat künftig Anspruch auf die Grundrente, wenn ansonsten die Rente zu niedrig wäre. Auch Jahre, in denen die eigenen Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt wurden, werden berücksichtigt.
Der Einigung nach ist die Grundrente eine Leistung der Rentenversicherung, wie Dreyer am Sonntag in Berlin betonte. Damit werde niemand zum „Bittsteller“.
Denn eine umfassende Bedürftigkeitsprüfung, wie CDU und CSU es wollten, ist vom Tisch. Es wird lediglich unbürokatisch das Einkommen geprüft – durch einen Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und den Finanzbehörden. Dabei gelten Freigrenzen für Alleinstehende von 1.250 Euro und für Paare von 1.950 Euro. Ein Freibetrag wird außerdem beim Wohngeld eingeführt, damit die höhere Rente nicht an anderer Stelle wieder verrechnet wird.
Mehr Gerechtigkeit durch die Grundrente! Ab Januar 2021 für bis zu 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentnern.
Metadaten:
Herunterladen der Datei: Die Grundrente kommt! (pdf), 659 KB)Es geht um Würde, Respekt und Anerkennung. Denn manche Menschen können von ihrer Rente im Alter nicht leben – obwohl sie viele Jahre lang gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Wenn sie über eine lange Zeit nur einen sehr niedrigen Lohn bekommen haben, reicht das Geld nicht für eine auskömmliche Rente. Sie können dann zusätzlich die sogenannte Grundsicherung im Alter beantragen. Im Ergebnis haben sie aber nicht mehr Geld als wenn sie ihr Leben lang gar nicht gearbeitet hätten – und müssen möglicherweise ihre Ersparnisse erst mal verbrauchen, bevor sie Unterstützung bekommen. Das ist ungerecht und würdelos. Denn Leistung sollte sich schließlich auch lohnen!
Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, darf im Alter nicht aufs Sozialamt angewiesen sein. Dafür haben wir jahrelang gekämpft. Jetzt endlich ist es soweit. Die Grundrente kommt!
Die Idee ist nicht neu. Die SPD will schon lange etwas für diejenigen tun, die ihr Leben lang eingezahlt haben, aber in der Rente auf keinen grünen Zweig kommen. Zuschussrente, Lebensleistungsrente, solidarische Lebensleistungsrente, gesetzliche Solidarrente – die Idee einer Grundrente gibt es seit vielen Jahren unter unterschiedlichen Namen.
Bereits 2012 forderte die SPD eine Solidarrente, die die Menschen erreicht und nicht zu Bittstellern macht. Nun sorgt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit der Grundrente für den Durchbruch.
Nein, eine solche Prüfung kennt die Deutsche Rentenversicherung nicht. Es geht im Übrigen um die Anerkennung einer Lebensleistung – wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll nicht gezwungen werden, sich vor dem Sozialamt zu erklären. Bei der Bedürftigkeitsprüfung würden schon finanzielle Rücklagen ab 5000 Euro angerechnet oder ein kleines Eigenheim.
Nach ersten Berechnungen werden zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner von der Grundrente profitieren, davon sind 80 Prozent Frauen. Nicht nur künftige, sondern auch schon heutige Rentnerinnen und Rentner.
Nachweise müssen nicht eigens erbracht werden. Die Deutsche Rentenversicherung zahlt jenen, die Anspruch auf die Rente, den Betrag automatisch aus.
Die Höhe der Grundrente ist abhängig von den Rentenpunkten, die man im Erwerbsleben gesammelt hat.
1. Bauingenieurin aus Leipzig (Bruch in Erwerbsbiographie):
Cathrin ist Bauingenieurin aus Leipzig. Sie hat bis zur Wende gut verdient. Dann jedoch ging die Firma insolvent und Cathrin war ein paar Jahre arbeitslos, bis sie als Angestellte in unterschiedlichen Bereichen wieder Arbeit fand - allerdings unterhalb ihrer Qualifikation. Mit dem Verdienst kam sie zwar einigermaßen zurecht, doch beläuft sich ihre Altersrente nur auf 746 Euro (brutto). Da sie (trotz der Arbeitslosigkeit) insgesamt auf über 35 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung kommt, hat die Leipzigerin eine Gesamtrente in Höhe von 941 Euro.
Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,6 EP
Rente aus eigener Beitragszahlung: 39 Jahre x 0,6 EP x 31,89 € (aRW Ost ab 7/2019) = rd. 746 € Grundrentenzuschlag: 35 x (0,2 EP - (0,2 EP x 12,5 %)) x 31,89 € (aRW Ost ab 7/2019) = rd. 195 € Gesamtrente: 746 + 195 = 941 Euro (brutto)
2. Hilfsarbeiter (z.T. Teilzeit):
Andreas aus Duisburg hat keinen Schulabschluss. Er hat sein Leben lang als Hilfsarbeiter gearbeitet. Er hat zunächst 20 Jahre lang 38,5 Wochenstunden und später aus gesundheitlichen Gründen 15 Jahre lang 25 Wochenstunden auf Niveau des Mindestlohns gearbeitet. Heute bekommt er eine Rente von 463 Euro brutto. Bisher stockt er mit der Grundsicherung im Alter auf und muss lange Formulare ausfüllen. Mit der Grundrente muss er das nicht mehr. Seine geringen Ersparnisse muss er nun auch nicht mehr offenlegen. Mit der Grundrente bekommt er 868 Euro - also rund 405 Euro zusätzlich.
Andreas verfügt noch über Mieteinnahmen von mtl. 300 Euro. Zusammen mit der Rente (brutto) liegt das zu versteuernde Einkommen (unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente) unter dem Freibetrag von 1.250 Euro. Somit findet keine Einkommensanrechnung auf den Grundrentenzuschlag statt.
Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,4 EP (für 35 Jahre Grundrentenbewertungszeiten)
Rente aus eigener Beitragszahlung: 35 Jahre x 0,4 EP x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 463 € Grundrentenzuschlag: 35 x (0,4 EP - (0,4 EP x 12,5 %)) x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 405 € Gesamtrente: 463 + 405 = 868 Euro (brutto)
3. Frisörin (Vollzeit):
Eine Friseurin, die 40 Jahre auf dem Niveau von 40 % des Durchschnittslohns voll gearbeitet hat, kommt derzeit auf eine monatliche Rente von 528,80 Euro. Mit der Grundrente bekommt sie über 400 Euro mehr und damit eine Monatsrente von 933,66 Euro.
Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,4 EP
Rente aus eigener Beitragszahlung: 40 Jahre x 0,4 EP x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 529 € Grundrentenzuschlag: 35 x (0,4 EP - (0,4 EP x 12,5 %)) x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 405 € Gesamtrente: 529 + 405 = 934 Euro (brutto)
Voraussetzung für die Grundrente ist das Erreichen von 35 Jahren „Grundrentenzeiten“. Dies sind Pflichtbeitragszeiten für versicherte Beschäftigung/Tätigkeit, Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung, Pflege und Antragspflichtversicherung von Selbständigen, rentenrechtliche Zeiten wegen des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege.
Für diese Zeiten werden die durchschnittlichen Entgeltpunkte um einen Zuschlag erhöht, dies sind „Grundrentenbewertungszeiten“. Außerdem werden beim Zuschlag auch Kindererziehungszeiten mit (ab 1992) geborenen Geschwistern berücksichtigt, die wegen Gleichzeitigkeit höhergewertet werden. Die durchschnittlichen Entgeltpunkte für „Grundrentenbewertungszeiten“ (jedoch höchstens 35 Jahre) werden aufgewertet, maximal auf 0,8 Entgeltpunkte.
Es wird zu keinen Beitragserhöhungen durch die Grundrente kommen. Finanziert wird sie durch einen höheren Steuerzuschuss in die Rentenkasse – Geld, das unter anderem durch die Einführung der Finanztransaktionssteuer zur Verfügung steht.
Die Union hatte sich lange festgelegt auf die so genannte „Bedürftigkeitsprüfung“. Und das heißt: Die komplette Offenlegung der eigenen finanziellen Situation – und des Ehepartners. Muss erst das Familienauto oder das geerbte Häuschen der Oma verkauft werden, bevor man Grundrente beantragen kann? Muss man sich „nackt machen“ auf dem Amt? Für CDU und CSU war die Grundrente also lange wie eine Sozialleistung, die nur unter Bedingungen gewährt wird – und kein Rentenanspruch.
Wir sagen: Wer lange gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, muss keine Sozialleistung beantragen. Denn wie bei anderen Renten auch geht es um Ansprüche, die man erworben hat. Dafür muss sich niemand rechtfertigen. Bei der Mütterrente beispielsweise käme ja niemand auf die Idee zu prüfen, ob die Rentnerin auf das Geld dringend angewiesen ist. Hinzu kommt: Der Bürokratieaufwand für eine solche Prüfung wäre enorm. Ebenso die entsprechenden Bürokratiekosten – Geld, das wir im Kampf gegen Altersarmut besser einsetzen können.
Die Auseinandersetzung um diesen Punkt hat viel Zeit gekostet. Der jetzt vereinbarte Kompromiss ist tragbar, weil lediglich eine einfache Einkommensprüfung zugrunde gelegt wird. Das macht die Rentenkasse. Niemand muss also aufs Amt und einen eigenen Antrag für die Grundrente stellen. Das Familienauto und Omas Häuschen spielen keine Rolle mehr.
Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, muss im Alter spürbar mehr haben als jemand, der nicht gearbeitet hat.
Unterstütze uns dabei. Regelmäßig Infos per E-Mail erhalten:
Metadaten:
Herunterladen der Datei: Ergebnisse des Koalitionsausschusses (pdf), 33 KB)