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Pressemitteilung

16.09.2020 | 094/20

Martin Dulig: Wir brauchen eine umfassende Reform des Sozialstaats

Der Ostbeauftragte der SPD, Martin Dulig, erklärt zum heute veröffentlichten Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit:

„Ich bin froh, dass der Ostbeauftragte der Bundesregierung den Impuls der Ost-SPD aufgenommen hat, sich stärker mit den Ereignissen und Erfahrungen der Zeit nach 1990 auseinanderzusetzen und auf Bürgerdialoge zu setzen. Auch bin ich dankbar für die klaren Worte in Bezug auf die Gefahr des Rechtsextremismus. Beides war bislang aus der CDU nicht immer selbstverständlich.

Es reicht nicht zu hoffen, dass sich die Probleme, nach 30 Jahren Deutscher Einheit, von allein lösen, damit endlich zusammenwächst, was zusammengehört. Die SPD muss daran etwas ändern. Wir müssen den Druck des Wettbewerbs auf ganze Gruppen und Klassen in der Bevölkerung mindern und die Ellbogenmentalität der 1990er Jahre hinter uns lassen. Die Folgen dieser Erfahrungen haben viele Ostdeutsche kollektiv geprägt. Hartz IV wurde oft als „unfaires Westgesetz“ empfunden. Die Beschäftigung im Osten ist stark gestiegen, trotzdem verdienen die Beschäftigten im Osten noch immer weniger als die Beschäftigten in den alten Bundesländern und fühlen sich deshalb als Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse. Andere fürchten sich vor einem beruflichen Abstieg, ausgelöst durch den Strukturwandel durch Digitalisierung und Klimaschutz. Dazu brauchen wir eine umfassende Reform des Sozialstaats. Wir haben als SPD bereits vorgelegt, zum Beispiel durch die Einführung der Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung durch den Deutschen Bundestag, mit der die Lebensleistung vieler Menschen in Ostdeutschland gewürdigt wird, die die Wirtschaft nach der Wiedervereinigung wiederaufbauten, aber zu niedrigen Stundenlöhnen arbeiteten.

Die Demokratie war ursprünglich ein Instrument derer, die wenig Macht, Wissen, Einfluss und Geld besaßen, um ihre Interessen gegenüber den Reichen durchsetzen zu können. Diese Idee müssen wir wieder stärker betonen und mit einem Kampf für Freiheit und gegen Menschenfeindlichkeit verbinden. Es ist kein Zufall, dass die Notwendigkeit und der Druck, unsere Demokratie zu reformieren, heute zunimmt. Es wird oft vergessen, dass 1990 im Osten die Demokratie aus dem Westen kopiert wurde. Aber nur zum Teil: Damals galt „nur was der Wirtschaft nutzt“. Aus diesem Grund haben wir immer noch eine große Machtungleichheit zwischen Arbeiterinnen und Arbeitern und den Unternehmen, zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Politik im Osten. Es geht darum, mehr Macht in der Gesellschaft zu teilen. Dazu benötigen wir einen Generationswechsel – und der ist bereits in vollem Gange. Es sind die Kinder der Betroffenen der Wiedervereinigung, die hoffentlich differenzierter auf die Vergangenheit schauen und sich selbstbewusst einmischen können, weil sie nicht oder kaum mit den Hypotheken der Älteren aus der DDR und der Nachwendezeit belastet sind.

Wir haben vielleicht zu lange in den immergleichen Debatten mit denselben Vorwürfen, Gegenvorwürfen und schwarz-weiß-Erzählungen festgehangen. Dafür packen wir es jetzt mit konkreten Plänen an!“