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Aktuelles

Foto: Joe Biden (l-r), Angela Merkel und Olaf Scholz nehmen an einem gemeinsamen Treffen am Rande des G20-Gipfels teil.
dpa

Olaf Scholz neben der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Joe Biden

31.10.2021 | Einigung auf globale Mindeststeuer für Unternehmen

Mehr Steuergerechtigkeit weltweit

Große, weltweit tätige Konzerne müssen künftig auf ihre Gewinne eine Mindeststeuer von 15 Prozent zahlen. Darauf einigten sich die 20 führenden Wirtschaftsmächte an diesem Wochenende endgültig.

Bereits seit drei Jahren setzt sich Olaf Scholz für eine internationale Mindeststeuer ein. Nun sei man „einen weiteren wichtigen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit gegangen“, sagte der Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister. „Insbesondere die Zustimmung der Staaten der Europäischen Union ist ein großer Erfolg und wird dafür sorgen, dass die Reform rasch EU-weit umgesetzt werden kann.“

Großer Fortschritt für mehr (Steuer-)Gerechtigkeit

Die „historische Einigung“ auf eine Mindestbesteuerung großer Firmen werde das schädliche globale Wettrennen um die niedrigsten Steuersätze für Unternehmen beenden, erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Einigung „ein klares Gerechtigkeitssignal in Zeiten der Digitalisierung“. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sprach von einer wesentlichen Einigung für die Volkswirtschaften der Länder. „Diese Übereinkunft öffnet den Weg für eine Steuerrevolution.“ Jahrelang hatte er mit Olaf Scholz eng zusammen gearbeitet, um eine weltweite Mindeststeuer auf den Weg zu bringen. Mit Erfolg!

Der Gastgeber des G20-Gipfels in Rom, der italienische Ministerpräsident Mario Draghi, sprach von einem geschichtsträchtigen Ereignis. „Wir haben eine historische Vereinbarung für ein gerechteres und effizienteres internationales Steuersystem erzielt“, sagte Draghi. Auch US-Präsident Joe Biden lobte die Übereinkunft.

Kampf gegen Steuerdumping

Im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatten der geplanten Reform bereits 136 Staaten auf Ministerebene zugestimmt. Die Länder machen zusammen gut 90 Prozent der Weltwirtschaftsleistung aus. Mit dabei sind auch bekannte Steuerdumpingländer wie die Cayman-Inseln und Länder wie Irland, die sich angesichts ihrer niedrigen Steuersätze bis zuletzt sträubten. Von den 140 Mitgliedern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schlossen sich lediglich Kenia, Nigeria, Pakistan und Sri Lanka bisher nicht an.

Was ist die globale Mindeststeuer?

Ziel der Reform ist es vor allem, die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steuerdumpingländer zu verhindern. Große, international tätige Firmen sollen deswegen spätestens 2023 unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Zahlt ein Unternehmen mit seiner Tochterfirma im Ausland weniger Steuern, kann der Heimatstaat die Differenz einkassieren. Außerdem sollen profitable, weltweit operierende Digitalunternehmen wie Amazon und Google nicht mehr nur in ihrem Mutterland besteuert werden, sondern auch da, wo sie gute Geschäfte machen.

Die OECD rechnet allein durch die Mindeststeuer mit 150 Milliarden Dollar (etwa 130 Mrd. Euro) Steuer-Mehreinnahmen weltweit. Im deutschen Finanzministerium wurde damit gerechnet, dass die Steuerreform in einer ersten Phase Mehreinnahmen von etwa 7,8 Milliarden Euro bringen könnte.

Weitere wichtige Themen und Ergebnisse im Überblick:

Der Kampf gegen den Klimawandel

Wer gehofft hatte, dass die führenden Industrie- und Schwellenländer gemeinsam ein starkes Signal für mehr Engagement beim Klimaschutz aussenden, wurde bitter enttäuscht. Staaten wie Russland, China und Saudi-Arabien waren nicht bereit, das Jahr 2050 als klares Zieldatum für die Kohlendioxidneutralität zu akzeptieren. Und auch zum Ausstieg aus der Kohleverstromung gab es keine Einigkeit.

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie

In ärmeren Ländern warten zahlreiche Menschen bis heute vergeblich auf Impfstoff gegen Covid-19. Die großen Wirtschaftsmächte wollen deswegen nun für eine bessere Verteilung sorgen. Dies soll es ermöglichen, das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erreichen, bis Jahresende 40 Prozent der Bevölkerung „in allen Ländern“ zu impfen und bis Mitte 2022 eine Impfrate von 70 Prozent zu erreichen. Während in reichen Ländern heute schon rund 70 Prozent geimpft sind, fällt die Quote in armen Ländern auf drei Prozent.

Um den Kampf gegen das Virus und die Vorbeugung gegen künftige Pandemien besser zu koordinieren, unterstützen die G20-Staaten die Gründung einer Arbeitsgruppe der Finanz- und Gesundheitsminister:innen. Auch Geld soll dafür mobilisiert werden.

Der Kampf gegen Handelskonflikte

Am Rande des G20-Gipfels einigten sich die EU und die USA auf die vorläufige Beilegung ihres jahrelangen Streits um US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Der Deal sieht vor, dass aus den EU-Staaten künftig bestimmte Mengen an Stahl und Aluminium zollfrei in die USA importiert werden dürfen. Die EU hebt dafür Sonderzölle auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans auf. Sie waren als Vergeltungsmaßnahme für die 2018 von dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump eingeführten Stahl- und Aluminiumzölle erlassen worden.

Endgültig beigelegt ist der Streit aber nicht. Die von Trump „mit Interessen der nationalen Sicherheit“ begründeten Zölle sind nicht vollständig beseitigt. Nach EU-Angaben werden so aus der Europa künftig nicht mehr als 4,4 Millionen Tonnen Stahl zollfrei in die USA exportiert werden dürfen. Dies entspricht etwa dem Handelsvolumen vor der Einführung von Trumps Strafzöllen - aber eine Ausweitung und ein wirklich freier Wettbewerb sind damit nicht möglich. Wie es weitergeht, wenn vereinbarte Gespräche über eine langfristige Lösung scheitern sollten, ist unklar. Sie sind auf zwei Jahre angesetzt.

Der Kampf gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen

Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland riefen den Iran vom G20-Gipfel aus auf, sich wieder an die Verpflichtungen des Wiener Atomabkommens zu halten. Ohne eine rasche Rückkehr zum Abkommen könnte „eine gefährliche Eskalation“ drohen, warnten die Staats- und Regierungschefs der Länder. Zugleich betonten auch die USA ihre Bereitschaft, zu dem Abkommen zurückzukehren und es „uneingeschränkt“ einzuhalten. Dies würde auch die Aufhebung der Sanktionen ermöglichen, was die schwächelnde iranische Wirtschaft ankurbeln würde, hieß es.

Teheran hatte zuletzt seine nuklearen Aktivitäten entgegen der Vereinbarungen wieder ausgeweitet. Hintergrund ist, dass die USA das Wiener Atomabkommen 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump einseitig verlassen und erneut Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verhängt hatten.

Foto: Olaf Scholz beim G20-Gipfel in Rom
dpa

Olaf Scholz versichert den internationalen Partnern Kontinuität unter seiner Führung.

Scholz verspricht Kontinuität

Angela Merkel wurde bei ihrem letzten G20-Gipfel mit einem Rosenstrauß verabschiedet. Die nur noch geschäftsführende Kanzlerin nahm gemeinsam mit ihrem wahrscheinlichen Nachfolger Olaf Scholz teil. Der Finanzminister versprach Kontinuität in der deutschen Außenpolitik unter einer neuen Regierung. Alle wüssten, dass das Deutschland „mitten in der Europäischen Union mit seiner Bevölkerungszahl und seiner Wirtschaftskraft nicht am Rande stehen kann und die Welt kommentieren“. Vielmehr müsse es einen tatkräftigen Beitrag leisten, „dass das auch funktioniert mit einer besseren Union in Europa. Und das ist der Wunsch, den ich auch überall verspüre.“ Scholz sagte: „Da ist aber Kontinuität die Erwartung von vielen, dass wir diese Rolle auch wahrnehmen. Und das glaube ich können auch alle zu Recht erwarten. So soll es auch sein.“