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Aktuelles

04.03.2020

Zur Lage in Syrien, der Türkei und Griechenland

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans

Was wir in Nordsyrien, im EU-Grenzgebiet zur Türkei und in Griechenland erleben, ist erschreckend und grausam. Das von Russland unterstützte Vorrücken des Assad-Regimes ebenso wie das militärische Vorgehen der Türkei zwingt abermals viele Menschen zur Flucht. Europa muss seine Hilfen für Lebensmittel, medizinische Versorgung und Unterkünfte aufstocken. Die Waffen müssen unverzüglich ruhen, damit humanitäre Hilfe in der Region möglich wird.

Dass die Türkei vier Millionen Geflüchtete im eigenen Land versorgt, verdient Anerkennung. Keinesfalls aber werden wir akzeptieren, dass Ankara Schutzsuchende benutzt, um Europa zu Zugeständnissen zu erpressen. Wir erwarten von der türkischen Regierung, dass sie ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen mit der EU vollständig erfüllt. Nur wenn sichergestellt ist, dass die Unterstützung auch bei den Menschen ankommt, ist daran zu denken, dass Europa seine Hilfen aufstockt.

In Griechenland spitzt sich die Lage an der Grenze zur Türkei derweil dramatisch zu. Eines muss klar sein: Die Menschenrechte und das Asylrecht müssen auch unter schwierigen Bedingungen gelten! Die Europäische Union ist für die Kontrolle der Grenzübertritte und für geordnete Verfahren mit verantwortlich. Um das Asylrecht und die Kontrolle der EU-Außengrenzen zu gewährleisten, wäre die Errichtung eines europäischen Asylzentrums denkbar. Das ginge allerdings nur in Absprache mit der griechischen Regierung.

Besonders dramatisch ist die Situation in den Lagern auf den griechischen Inseln wie Lesbos. Wir freuen uns deshalb sehr, dass sich heute alle SPD-regierten Bundesländer bereit erklärt haben, besonders schutzbedürftige Geflüchtete, vor allem unbegleitete Kinder, aufzunehmen, die in den Lagern sich selbst überlassen sind. Damit ist eine Chance zur Aufnahme dieser Kinder in greifbare Nähe gerückt.

Wir erwarten jetzt von Innenminister Seehofer, unverzüglich eine Lösung zur Aufnahme dieser Kinder zu finden. Unsere Unterstützung ist ihm dabei gewiss. Ob das auch für seine Bundestagsfraktion gilt, ist fraglich. Wir müssen aber schnell zu einem einvernehmlichen Handeln kommen. Dass Bündnis 90/Die Grünen heute einen diesbezüglichen Antrag zur namentlichen Abstimmung stellen, dient diesem Ziel nicht. In einer so wichtigen Frage darf es kein parteipolitisches Taktieren geben. Um nicht den Weg zu einer gemeinsamen Lösung zu verbauen, muss die SPD-Bundestagsfraktion den Antrag der Grünen deshalb ablehnen.

Die Europäische Union muss ihrer humanitären Verpflichtung in Solidarität gerecht werden und nun endlich eine Verteilung von Kontingenten Geflüchteter in aufnahmebereite Länder und Kommunen ermöglichen. Eine Koalition der Willigen kann dabei auch mit wenigen Mitgliedstaaten starten. Dabei muss aber gewährleistet sein, dass deren Bereitschaft sich in der Zuteilung der EU-Haushaltsmittel abbildet. Die Verweigerung von Solidarität darf nicht belohnt werden.

Den Städten und Kommunen, die - mit der Unterstützung von Wohlfahrtsverbänden und der Zivilgesellschaft - die konkrete Aufnahme, Betreuung und Versorgung der Geflüchteten leisten, gilt unser besonderer Dank. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass ihre finanzielle Unterstützung auch weiterhin gewährleistet ist.