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IV. Ein Europa des Respekts

IV. Ein Europa des Respekts

Schlagworte: Identität, Werte, Teilhabe, Chancengleichheit, Gerechtigkeit

Wir wollen eine Europäische Union, die fest zusammenhält. Auch und besonders, wenn die Zeiten herausfordernd sind. Die Grundlage dafür ist ein Europa des Respekts. Auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte Freiheit, Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit wollen wir den Wohlstand für viele, nicht nur für wenige. Respekt heißt für uns, unterschiedliche Lebensentwürfe zu respektieren und zu schützen. Es spielt keine Rolle, welche soziale oder geografische Herkunft man hat, wie man lebt und wen man liebt, ob man jung oder alt ist, Akademikerin oder Hilfsarbeiter. Weil wir Respekt haben vor jedem und jeder Einzelnen, sorgen wir für gleiche Chancen, ein Recht auf Teilhabe, gute Bildung und gute Arbeit. Sie sind die Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben. Respekt heißt deshalb auch für gute Arbeit zu sorgen, verbunden mit dem Versprechen der Solidarität.

Wir sind Deutsche, regional verwurzelt, wir sind aber auch Europäerinnen und Europäer. Beides erfüllt uns gleichermaßen mit Stolz. Die Europäische Union ist unsere Gemeinsamkeit, die uns ohne Angst und Träumereien verschieden sein lässt. Mit ihren gemeinsamen Werten stiftet die Europäische Union Identität. Auf dieser identitätsstiftenden Gemeinsamkeit bauen wir zuversichtlich die Zukunft der Europäischen Union auf. Dagegen missbraucht die rechtspopulistische Politik der Aus- und Abgrenzung die bereichernde Vielfalt in der EU als Feindbild. Sie ist respektlos und menschenfeindlich. Ihrer Negativität mit ihren scheinbar einfachen, untauglichen Antworten, aber insbesondere ihren Lügen und ihrem Hass, stellen wir uns robust und geschlossen entgegen.

"Der Respekt für den Einzelnen ist die historische Einzigartigkeit der Europäischen Union."

Es sind die gelebten gemeinsamen Werte, die alle Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union auf Augenhöhe zusammenkommen lassen – unabhängig von ihrer Größe, Wirtschaftskraft oder gar militärischen Stärke. Der Respekt für den Einzelnen ist die historische Einzigartigkeit der Europäischen Union. Wir wollen sie stärken zum Nutzen und Wohle aller Unionsbürgerinnen und -bürger.

Schlagworte: Bildung, Mitbestimmung, Tarif, Mindestlohn, Sozialversicherung

1. Für gute Arbeit sorgen

Aus unserer Geschichte der Arbeiterbewegung heraus ist uns klar, dass wahrer Respekt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur entstehen kann, wenn sie auf Augenhöhe ihre Interessen kollektiv vertreten und verhandeln können. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Dennoch haben wir als Staat eine Verantwortung für gute Rahmenbedingungen, ebenso wie für die grundlegenden Regeln im Arbeitsschutz und bei den Löhnen. Für die SPD ist zentrale Voraussetzung für die Gestaltung einer guten Zukunft für alle Europäerinnen und Europäer, dass alle vor uns stehenden Veränderungen nur gemeinsam mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften gestaltet werden können. Dafür braucht es in Deutschland und Europa starke Mitbestimmung, hohe Tarifbindung und eine aktive Struktur- und Arbeitsmarktpolitik, bei denen die Interessen der Beschäftigten im Mittelpunkt stehen.

Soziale Rechte stärken

Wir wollen keine prekäre Arbeit in Europa, sondern gute Arbeit. Dafür werden wir die Europäische Säule sozialer Rechte weiter entschieden national wie europäisch umsetzen. Mit gemeinsamen Mindeststandards für Arbeitsmärkte und Sozialpolitik hat die Europäische Union einen wichtigen Schritt unternommen hin zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa. Dies hat auch in Deutschland zu Verbesserungen geführt (Tariftreue im Vergaberecht, Mindestlohnrichtlinie…), die ohne die Sozialdemokratie niemals durchgesetzt worden wären. Diesen richtigen gemeinsamen Weg wollen wir fortsetzen. Dafür werden wir auch die Kriterien für gute Arbeit noch stärker in der europäischen Strukturpolitik verankern, in den Strukturfonds und in den Regionalbeihilfen. Hier wollen wir Tarifbindung, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung als feste Bestandteile der Vergaberegeln verankern.

"Wer Vollzeit arbeitet, muss von der Bezahlung leben können."

Gerechte Bezahlung für alle

Wer Vollzeit arbeitet, muss von der Bezahlung leben können. Dafür war die EUMindestlohnrichtlinie ein wichtiger Schritt. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, Aktionspläne aufzustellen, um die Tarifbindung zu erhöhen. Ziel ist, dass 80 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen erfasst werden. Denn tarifliche Bezahlung sollte die Regel sein. Sie sorgt für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Europa kann mehr tun, um die nationale Tarifbindung weiter zu stärken. Dafür soll die Vergabe von EU-Mitteln künftig stärker an Bedingungen wie gute Arbeit und Tarifverträge geknüpft werden. Durch die Aufnahme einer verpflichtenden Tariftreueklausel werden wir daher die Konzessions- und Vergabe-Richtlinien weiterentwickeln. Außerdem kämpfen wir für einen rechtlichen Status für europäische Künstlerinnen und Künstler und andere Selbstständige mit EU-weiten Standards für deren Mindestvergütung, Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung.

Digitale Dividende für alle

Digitale Produktivitätsgewinne müssen zu Arbeitszeitverkürzungen für alle Beschäftigten führen und nicht zur Arbeitsverdichtung. Auch die Mitbestimmung muss im Zusammenhang mit der digitalen Transformation gestärkt werden. Wir wollen die Expertise der Beschäftigten stärker miteinbeziehen, wenn es um die Digitalisierung von Prozessen oder gar um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz geht. Unser Ziel ist, die Souveränität und Selbstbestimmung von Beschäftigten zu stärken.

Beschäftigte besser vor Ausbeutung schützen

Freizügigkeit und faire Mobilität gehören zusammen. Wir wollen die sozialen Rechte mobiler EU-Bürgerinnen und -bürger verbessern und sie vor Ausbeutung und Diskriminierung schützen. Deshalb setzen wir uns für eine einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer bzw. für den digitalen Sozialversicherungspass ein. Die Reform der Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme muss den Sozialschutz mobiler Beschäftigter sicherstellen und Missbrauch wirksam bekämpfen. Zudem wollen wir erreichen, dass gegen Lohnraub, Lohn- und Sozialversicherungsbetrug entschiedener vorgegangen und durch Mindeststandards für Unterkünfte die unwürdige Unterbringung von mobilen Beschäftigten beendet wird. Wir wollen mehr nationale wie europäische Kontrollen, eine stärkere Koordinierung sowie die Ausweitung von Beratungsstellen zur Fairen Mobilität in ganz Europa erreichen, um die Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern. Dazu gehören auch eine Ausweitung des Mandats der Europäischen Arbeitsagentur für die Kontrolle von Beschäftigten aus Drittstaaten, Subunternehmerketten, privaten Arbeitsvermittlungen, besserer Zugang zu Daten und mehr Kompetenzen bei grenzüberschreitenden Kontrollen. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ muss in allen Mitgliedsstaaten durchgesetzt werden. Wir brauchen eine ehrgeizige Richtlinie zur Plattformarbeit, die einen Rahmen schafft, mit dem Scheinselbständigkeit bekämpft wird und kollektive Rechte gestärkt werden. Wir setzen uns für faire Arbeitsbedingungen und fairen Wettbewerb in der europäischen Logistikbranche ein, insbesondere für LKW-Fahrerinnen und -fahrer. Außerdem wollen wir eine EU-Richtlinie zum Schutz vor psychischen Belastungen, um auf die Zunahme von Stress, Arbeitsverdichtung und Zeitdruck zu reagieren.

Für ein europäisches Lieferkettengesetz

Darüber hinaus wollen wir auch außerhalb der Europäischen Union unseren Beitrag leisten für faire Arbeitsbedingungen, den Schutz von Menschenrechten, den Umweltschutz und den Kampf gegen den Klimawandel. Das deutsche Lieferkettengesetz ist hier ein erster wichtiger Schritt, den wir um ein starkes europäisches Lieferkettengesetz ergänzen. Wir wollen so verhindern, dass Produkte, die durch Zwangsarbeit oder Ausbeutung von Mensch und Natur hergestellt werden, überhaupt in den europäischen Binnenmarkt gelangen. Deshalb unterstützen wir die Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten, mit starken Kompetenzen der EU-Kommission.

"Mitbestimmte Unternehmen sind innovativer und erfolgreicher."

Gute Arbeit durch starke Arbeitnehmerrechte

Die Mitbestimmung ist ein zentrales Element der Stärkung von Demokratie in den Unternehmen und Betrieben. Mitbestimmte Unternehmen sind innovativer und erfolgreicher. Wir wollen deshalb die Mitbestimmung stärken. Mit einer EU-Rahmenrichtlinie zur Unterrichtung, Anhörung und Unternehmensmitbestimmung soll der Flickenteppich unterschiedlicher Mitbestimmungsregeln zusammengefasst werden. Zusätzlich muss die Demokratie am Arbeitsplatz im Rahmen einer Reform des europäischen Gesellschaftsrechts gestärkt werden. Bei nachträglichem Überschreiten nationaler Schwellenwerte für die Geltung der Mitbestimmung muss es eine Nachverhandlungspflicht geben. Zudem wollen wir die Europäischen Betriebsräte (EBR) im Rahmen der Richtlinie stärken. Das gilt vor allem bezüglich des Zugangs zu Gerichten, der Definition von grenzüberschreitenden Angelegenheiten und angemessenen Sanktionen.

Europäische Sozialpartnerschaft stärken

Wie in Deutschland, so wollen wir auch auf europäischer Ebene, dass die Gewerkschaften sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Möglichkeit zur Gestaltung der europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik aktiv wahrnehmen. Dafür werden wir den sozialen Dialog im Rahmen des europäischen Sozialmodells stärken: gemeinsame Abkommen der Sozialpartner sollen zügig in verbindliche Gesetzgebung überführt werden. Europa braucht eine Wirtschaft im Dienste der Menschen. Deshalb muss den sozialen Grundrechten der Europäischen Union endlich Vorrang vor den wirtschaftlichen Grundfreiheiten eingeräumt werden.

Zudem stellen wir klar: Das Streikrecht darf nicht untergraben werden, es gehört zu einem starken Binnenmarkt dazu.

Gute (Aus-) Bildung

Gute Bildung ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Berufsleben. Gute (Aus-)Bildung darf nicht von der Herkunft, dem Geschlecht, einer Behinderung oder dem Geldbeutel und der sozialen Lage der Eltern abhängen. Wir engagieren uns anknüpfend an die Initiativen des Europäischen Bildungsraums 2025 deshalb für einen echten europäischen Bildungsaufbruch. Wir wollen allen Kindern in der EU bis 2030 eine inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Grund- und Sekundarbildung garantieren. Gleichzeitig fordern wir einen verbindlichen Qualitätsrahmen und eine angemessene Finanzierung der Jugendgarantie, nach der allen jungen Menschen in der EU innerhalb von vier Monaten nach Schulabschluss oder nachdem sie arbeitslos geworden sind ein hochwertiges Angebot für einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz, eine Weiterbildungsmöglichkeit oder ein Praktikum gemacht werden soll. Darüber hinaus ist es uns wichtig, die Vergütung von Praktika sicherzustellen, um die Rechte von jungen Menschen zu stärken. Gleichzeitig wollen wir die grenzüberschreitende Vermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen erleichtern. Zudem setzen wir uns für eine stärkere Breitenförderung der europäischen Hochschulen, die allen Studierenden zugutekommt, ein. Unser Ziel bleibt die gebührenfreie Bildung von der Kita über die Ausbildung und das Erststudium bis zum Meister oder Master. Dies streben wir perspektivisch EU-weit an.

Mit der Bologna-Reform sollte ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum geschaffen werden - mit vergleichbaren Abschlüssen und einer höheren Mobilität der Studierenden. Wir setzen uns in der EU dafür ein, dass diese Ziele konsequent weiter verwirklicht werden. Wir wollen eine deutliche Steigerung der Bildungsinvestitionen und setzen uns insbesondere für eine Stärkung des Europäischen Solidaritätskorps und von ERASMUS+ ein. Unser Ziel ist es, dass jede und jeder, der dies möchte, bis zu seinem 25. Lebensjahr mindestens eine durch ERASMUS+ geförderte Lernerfahrung im Ausland machen kann.

Weiterhin unterstützen wir europäische und internationale Jugendverbände in ihrer politischen und kulturellen Bildungsarbeit. Insbesondere grenzüberschreitende Projekte und Begegnungen tragen aktiv zum Abbau von Vorurteilen bei und sorgen für ein Erfahrbarmachen eines zusammenwachsenden Europas.

Schlagworte: Wandel, Würde, Grundsicherung, Armut, Kinder, Wohnen, Behinderung

2. Soziale Sicherheit gewährleisten

Mehr als jede fünfte EU-Bürgerin bzw. jeder fünfter EU-Bürger ist von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Armut spaltet den Kontinent und schwächt den Zusammenhalt. Der Aufbau einer europäischen Sozialunion ist uns deshalb ein wesentliches Anliegen. Das soziale Europa muss gestärkt und mit den ökonomischen Grundfreiheiten in ein Gleichgewicht gebracht werden. Deshalb setzen wir uns für ein soziales Fortschrittsprotokoll ein, dass den europäischen Verträgen beigefügt wird. Die Europäische Säule sozialer Rechte und die hieraus auf dem Sozialgipfel in Porto 2021 entwickelten Ziele bleiben für uns handlungsleitend für die nächste Legislaturperiode. Starke soziale Sicherungssysteme unterstützen die Menschen im Wandel und ermöglichen ein Leben in Würde. Dafür wollen wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen.

"Starke soziale Sicherungssysteme unterstützen die Menschen im Wandel und ermöglichen ein Leben in Würde."

Gemeinsame Standards für Grundsicherungssysteme

Wir wollen, dass in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union solide Netze sozialer Sicherheit bereitstehen. Deshalb setzen wir uns für eine Rahmenrichtlinie zur Festlegung von Mindeststandards für die jeweiligen nationalen Grundsicherungssysteme ein. Mindestsicherungsleistungen müssen eine angemessene, armutsfeste Einkommensunterstützung sowie Unterstützungsleistungen zur (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt gewährleisten. Damit schaffen wir die Voraussetzung, dass unfreiwillige und armutsbedingte Migration innerhalb der Europäischen Union reduziert wird.

Schutz vor Kinderarmut

Zum Schutz der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen sind zudem besondere Anstrengungen nötig, wenn wir die in Porto vereinbarten Ziele erreichen wollen: bis 2030 in der EU fünf Millionen Kinder aus der Armut holen. Wir werden deshalb die nationale Umsetzung der Europäischen Kindergarantie wirksam begleiten und ausreichend EU-Mittel im Rahmen der Europäischen Sozialfonds dafür zur Verfügung stellen. Außerdem müssen die Sozialfonds in der kommenden Förderperiode finanziell besser ausgestattet werden. Das kommt auch unserer sozialdemokratischen Idee einer Kindergrundsicherung zugute, vor allem für den Ausbau der Infrastruktur für Bildung und Teilhabe.

Einführung eines europäischen Behindertenausweises

Mit der neuen Strategie für Menschen mit Behinderungen sollen Chancengleichheit sowie der gleichberechtigte Zugang zur Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben noch stärker gefördert werden. Wir setzen uns für einen europäischen Behindertenausweis sowie die Verbesserung des Europäischen Parkausweises für Menschen mit Behinderungen ein, mit dem Ziel, Teilhabebarrieren abzubauen und Nachteilsausgleiche im Bereich der Mobilität, Kultur, Freizeit und dem Sport zu nutzen. So sollen die Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen europäischen Mitgliedsstaaten geltend gemacht werden.

Bezahlbarer Wohnraum vor allem in den Städten

Unser Ziel ist ein selbstverständlicher Zugang zu gutem, barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum. Wir wollen lebenswerte Innenstädte schaffen, mit einem ausreichenden Angebot an bezahlbaren, langfristig vermieteten Wohnungen. Damit stellen wir uns der voranschreitenden Verknappung und dadurch stark steigenden Mieten entgegen. Die EU muss Investitionen in erschwinglichen, sozialen und energieeffizienten Wohnraum stärker unterstützen und den Mitgliedsstaaten ausreichend Spielraum einräumen, notwendige Investitionen in sozialen Wohnungsbau zu tätigen. Wir brauchen zudem mehr europäische Flexibilität bei der Gewährung der staatlichen Wohnraumförderung. Darüber hinaus wollen wir den europäischen Austausch der nationalen Akteure weiter stärken. Mietwohnungen, nicht Ferienwohnungen, müssen der Normalfall in den Städten sein. Deshalb stärken wir Kommunen den Rücken, die die Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen beschränken und setzen uns dafür ein, den Städten mit angespannten Wohnungsmärkten die Möglichkeit der Begrenzung von Kurzzeitvermietungen zu geben. Es braucht europarechtliche Grundlagen, um den schlimmsten Auswüchsen von Umwandlungen Einhalt zu gebieten und Mieterinnen und Mieter in angespannten Wohnungsmärkten zu schützen. Auch den wachsenden Markt möbliert vermieteter Wohnungen werden wir in den Blick nehmen, um zu verhindern, dass Regelungen für bezahlbaren Wohnraum hierdurch unterlaufen werden. Wir wollen die Möglichkeiten ausweiten, mit EU-Mitteln die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, insbesondere für  junge Menschen, zu fördern.

Wohnungslosigkeit in Deutschland und Europa überwinden

Unser Ziel ist es, Wohnungslosigkeit in Deutschland und Europa bis 2030 zu überwinden. Darum unterstützen wir die Europäische Plattform zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Wir sind überzeugt, dass die Lösung der oft komplexen Probleme obdachloser Personen mit einer eigenen Wohnung beginnen muss. Diesen Housing First-Ansatz unterstützen wir und wollen ihn weiter ausbauen. Darüber hinaus setzt sich die SPD dafür ein, dass dem Thema in der neuen Kommission ein noch größerer Stellenwert eingeräumt wird.

Schlagworte: Arzneimittel, Arzt, Medizin, Pflege, Versorgung

3. Zugang zu guter Gesundheitsversorgung

Jede und jeder in Europa soll einen sicheren Zugang zu den notwendigen Arzneimitteln und neuesten Therapien zu erschwinglichen Preisen haben. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein koordiniertes Vorgehen unter den Mitgliedsstaaten sein kann. Wir wollen deshalb eine europaweit vernetzte und patientenorientierte Gesundheitsprävention und -versorgung. Dafür brauchen wir eine starke Europäische Gesundheitsunion. Gemeinsam können wir Lieferengpässe bekämpfen, faire Preise für Arzneimittel sicherstellen und den Pflegesektor stärken.

Präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Lieferengpässen

Lieferengpässe, vor allem bei kritischen Wirkstoffen oder Vakzinen, wollen wir nachhaltig bekämpfen. Zu diesem Zweck setzen wir uns im Zuge der EUPharmagesetzgebung dafür ein, auch präventive Mechanismen wie Monitoring, Engpassmanagementpläne und Meldepflichten weiterzuentwickeln. Wir plädieren für ein europäisches Instrument zur Überwachung und Erkennung von Arzneimittelengpässen und zur Erhöhung der Transparenz bei der Medikamentenversorgung und -echtheit.

Faire Preise für Arzneimittel

Wir wollen mehr gemeinsame europäische Beschaffung von Arzneimitteln, um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen. Bei der Sicherstellung des Zugangs zu medizinischen Innovationen für alle EU-Bürgerinnen und -bürger braucht es zudem ein europaweites, faires System der Arzneimittelpreisgestaltung und Nutzenbewertung. Wir plädieren hier für ein solidarisches System, das sich an den politischen, markt- und volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Kaufkraft dereuropäischen Partnerländer und ggf. weiterer Abnehmerländer orientiert.

"Sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten stets die Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten behalten."

Eine gute und sichere Versorgung zu Hause und unterwegs

Damit die grenzüberschreitende Behandlung von Patientinnen und Patienten in der Europäischen Union gewährleistet ist, brauchen wir die europaweite Interoperabilität von Gesundheitsdaten mit sicheren und einheitlichen Standards. Dabei werden wir sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten stets die Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten behalten. Perspektivisch wollen wir den Zugang zur Behandlung und die freie Arztwahl bei kurzfristigen Aufenthalten im EU-Ausland, sei es als Touristin bzw. Tourist oder als Saisonarbeiterin bzw. Saisonarbeiter, weiter erleichtern und eine einfache und schnelle digitale Abrechnung der Behandlung im EU-Ausland effektiver nutzen.

Weitere Stärkung der Pflege

Mit der Europäischen Pflegestrategie haben wir die Themen Pflege und Betreuung in den Fokus gerückt und zusammengedacht. Wir wollen die Strategie nun konsequent umsetzen, insbesondere durch mehr staatliche Investitionen in den Pflegesektor und die Einführung von verbindlichen europäischen Regelungen. Dafür wollen wir informelle in formelle Arbeit überführen und reguläre und gute Arbeitsbedingungen sowie die Bekämpfung prekärer Arbeitsbedingungen, insbesondere von Frauen in privaten Haushalten, sicherstellen.

Mehr Anreize für Innovation und verstärkter Kampf gegen Resistenzen

Wir wollen neue Anreize für die Forschung und die Entwicklung dringend benötigter neuartiger Antibiotika schaffen. Zugleich wollen wir eine stärkere Beaufsichtigung der Antibiotikanutzung, um auf die zunehmend grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohung der wachsenden Resistenz zu antworten. In diesem Sinne werden wir uns für eine vollständige Umsetzung des europäischen One-Health-Aktionsplans gegen antimikrobielle Resistenzen und verstärkter Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern einsetzen, mit dem Ziel ein globales Abkommen über die Verwendung und den Zugang zu antimikrobiellen Mitteln herbeizuführen. Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass die chronischen Folgen von Infektionen zu einer Priorität erklärt werden – Menschen, die zum Beispiel an Long Covid, Post Vac und ME/CFS erkrankt sind, benötigen dringend zugelassene Medikamente und verdienen unsere Solidarität. Im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass die geschlechtsspezifische medizinische Forschung vorangetrieben und die Therapieentwicklung im Bereich der Autoimmunkrankheiten ausgebaut wird.

Schlagworte: Gleichstellung, Frauen, LGBTIQ+, Istanbul-Konvention, Menschenhandel

4. Für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft sorgen

Ein Europa des Respekts ist ein diskriminierungsfreies Europa, denn diskriminierungsfreie Gesellschaften sind glücklicher, gesünder, resilienter, wohlhabender, sicherer und vor allem gerechter. Trotzdem müssen wir zunehmend erleben, wie in einigen Mitgliedsstaaten versucht wird, die Rechte von Frauen, Menschen mit Behinderungen und LGBTIQ+-Personen zu unterlaufen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Homophobie, Rassismus und Antisemitismus sind Gift für ein gutes und friedliches Zusammenleben. Diese menschenfeindlichen, wie antidemokratischen Tendenzen sind innerhalb der EU und weltweit sichtbar. Wir werden nicht akzeptieren und zulassen, dass konservative und rechte Regierungen unsere erkämpften Rechte infrage stellen und angreifen. Frauenrechte, die Rechte von People of Color wie auch die Rechte von Menschen mit Behinderungen und LGBTIQ+-Personen sind Menschenrechte. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten vieles erreicht in Deutschland und in Europa – aber noch lange nicht alles.

"Diskriminierungsfreie Gesellschaften sind glücklicher, gesünder, resilienter, wohlhabender, sicherer und vor allem gerechter."

EU-Charta der Frauenrechte erarbeiten

Wir fordern eine EU-Charta der Frauenrechte. Wir brauchen einen Katalog zu schützender Grundrechte, absoluter Mindeststandards, wie z. B. den universellen Zugang zu Verhütung, sexueller und reproduktiver Gesundheit, und Rechte, einschließlich reproduktiver Selbstbestimmung sowie sicherer und legaler Schwangerschaftsabbrüche sowie Sexual- und Beziehungserziehung. Auch streben wir an, dass es langfristig kostenlosen, niedrigschwelligen Zugang zu Abtreibungsmittel wie der „Pille Danach“ gibt. Auch sichere Schwangerschaftsabbrüche sollten in der EU möglichst allen Menschen kostenlos zu Verfügung stehen, um reproduktive Selbstbestimmung und Gesundheit sicherstellen zu können. Ziel muss sein: Rechte zu schützen, auszubauen und festzuschreiben. Das Recht auf sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch soll zudem auch in der EU-Grundrechtecharta verankert werden.

Europäische Gleichstellungstrategien erneuern

Die europäische Gleichstellungsstrategie muss weiterhin effektiv umgesetzt werden, insbesondere in Form qualitativer und quantitativer Maßnahmen, die die Erwerbsbeteiligung von Frauen stärken. Auch die LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie, die es nun erstmals von 2020 bis 2025 gibt, muss konsequent umgesetzt und stetig weiterentwickelt werden. Beide Strategien sollten, unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen und mit einem eigenen Budget ausgestattet, für die Zeit von 2025 bis 2030 erneuert werden.

"Wir stärken Frauen in der Wirtschaft."

Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen schafft soziale Gerechtigkeit

Wir wollen die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Beschäftigung, Bezahlung und sozialer Sicherung schließen, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu stärken. Vor allem brauchen wir hochwertige Arbeitsplätze sowie faire Löhne und Renten. Wir sind stolz, dass wir die europäische Richtlinie zur Lohntransparenz durchbringen konnten und damit mehr Frauen ihren gerechten Lohn erhalten. Es besteht aber noch Umsetzungsbedarf, insbesondere beim deutschen Entgelttransparenzgesetz. Um die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Bezahlung zu schließen, setzen wir uns neben der Umsetzung der Richtlinie für Lohntransparenz für eine EU-Richtlinie zu Antidiskriminierung bei Löhnen ein. Denn für uns ist klar: Lohntransparenz allein wird unserem sozialdemokratischen Anspruch nicht gerecht. Wir wollen gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit am gleichen Ort in der Europäischen Union. Auch die angenommene Mindestlohnrichtlinie wird dafür sorgen, dass gerade Frauen, die häufig im Niedriglohnsektor arbeiten, besser vor Armut geschützt werden. Wir wollen den Gender Gap auch bei Pflege und Betreuung schließen. Noch immer ist Sorgearbeit Frauensache, dies darf nicht so bleiben. Wir streben daher das Modell „Equal Carer – Equal Earner“ an, also ein gleichstellungsorientiertes Erwerbs- und Sorgemodell.

Mehr Frauen in Führungspositionen bringen

Wir stärken Frauen in der Wirtschaft, insbesondere als Gründerinnen von Unternehmen und Start-ups. Wir sorgen dafür, dass Frauen gerechter in Entscheidungsprozessen in der Politik sowie in Unternehmen vertreten sind. Quoten und Reißverschlusslisten, aber auch eine bessere geschlechtersensible politische Kultur und Unternehmenskultur sind hier geeignete Maßnahmen. Die EU-Führungspositionen-Richtlinie (2022) ist ein Meilenstein für die Gleichstellung in Europa. Sie stärkt Frauen in Aufsichtsräten und ebnet ihnen den Weg in die Führungsetagen börsennotierter Unternehmen. Wir planen in einem nächsten Schritt, die Vorstände aller in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen in den Blick zu nehmen.

Steuerliche Gleichstellung

Frauen konsumieren anders und sie haben niedrigere Einkommen – tragen aber eine höhere Mehrwertsteuerlast. Wir setzen uns dafür ein, dass die Steuerbelastung endlich gerechter verteilt wird. Das reicht von reduzierten Steuersätzen in der EU auf weibliche Hygieneartikel bis zur Abschaffung des Mehrpreises auf Produkte und Dienstleistungen für Frauen (Pink Tax). Das heißt, wir sorgen dafür, dass gleichwertige Produkte und Dienstleistungen für Männer und Frauen gleich viel kosten.

Gewalt gegen Frauen gemeinsam bekämpfen und verhindern

Um männliche Gewalt gegen Frauen zu beenden, müssen wir schädliche Normen, Strukturen und Stereotype ansprechen, analysieren und auflösen, Sexualaufklärung in Schulen vorantreiben und europaweite Gewaltprävention durch gendersensible Bildungsprogramme für Jungen und Mädchen anbieten. Nur ein gesamtgesellschaftliches Umdenken und eine Verankerung moderner Rollenbilder werden die gleichberechtigte Wahrnehmung von Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft vorantreiben und damit auch Gewalt beenden.

Die Annahme der Istanbul-Konvention ist ein starkes Signal der EU, dass gemeinsame Werte nicht verhandelbar sind – Frauenrechte eingeschlossen. Es muss in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union selbstverständlich sein, konsequent gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen. Die Istanbul-Konvention muss daher in allen Mitgliedsstaaten der EU ratifiziert und die Vorgaben müssen in nationales Recht übertragen werden.

Auch die Richtlinie zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt ist ein wichtiger Schritt, um europaweite Mindeststandards beim Schutz der Frauen festzulegen. Wir wollen darüber hinaus gehen und setzen uns dafür ein, dass geschlechtsspezifische Gewalt als europaweiter Straftatbestand anerkannt wird, um damit in Zukunft noch umfangreicher alle Formen der Gewalt gegen Frauen bekämpfen zu können.

"Wir wollen den gemeinschaftlichen Kampf Europas gegen Menschenhandel fortsetzen."

Vor Menschenhandel und Ausbeutung schützen

Wir wollen den gemeinschaftlichen Kampf Europas gegen Menschenhandel fortsetzen und die bestehende Gesetzeslage auf die neuesten Herausforderungen in diesem Bereich zuschneiden. Ein Hauptziel muss sein, die Frauen zu schützen, die mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung in der EU und in die EU verschleppt werden.

Gleichstellung und Parität auch in den europäischen Institutionen

Wir streben Geschlechterparität in der neuen EU-Kommission an und werden dafür sorgen, dass erneut eine Kommissarin ausdrücklich für das Thema Gleichstellung zuständig ist – Gleichstellung von Frauen und Männern, für Antidiskriminierung und LGBTQI+-Rechte. Außerdem setzen wir uns dafür ein, das Europäische Gleichstellungsinstitut EIGE weiter zu stärken. Der EU-Haushalt soll mit dem Instrument des Gender Budgeting geschlechtergerecht aufgestellt werden.

Rechte von queeren Menschen schützen

Die Europäische Union garantiert die Freiheit von queeren Menschen. So hat es das Europäische Parlament mit der Unterstützung der Sozialdemokratie ausdrücklich beschlossen. Die Erklärung und Unterstützung der „LGBTIQ+ Freedom Zone“ folgt dabei einer Besorgnis, dass erreichte Schritte der Freiheit von queeren Menschen akut gefährdet sind. Wir stellen uns hier jedweden Diskriminierungen und Anfeindungen in den Weg. Wir fordern die EU-Kommission als Hüterin der Verträge auf, hart auf das LGBTIQ+-feindliche Vorgehen einzelner Mitgliedsstaaten zu reagieren. Sie sind mit dem Wertekanon der Europäischen Union unvereinbar. Sie müssen gestoppt und rückgängig gemacht werden. Zudem fordern wir, dass europäische Regenbogenfamilien nicht in ihrer Freizügigkeit gehindert und eingetragene Lebenspartnerschaften und gleichgeschlechtliche Ehen in der ganzen EU anerkannt werden.

Nationale Minderheiten schützen

Wir setzen uns gemäß der Charta der Grundrechte der EU für den Schutz der nationalen Minderheiten in Deutschland und Europa ein und unterstützen Maßnahmen zum Erhalt ihres kulturellen Erbes.

Ein altersgerechtes Europa

Aktives und gesundes Altern wirkt sich positiv auf die Gesellschaft, den Arbeitsmarkt, die Sozialsysteme und die Produktivität aus. Wir setzen uns deshalb gegen Altersdiskriminierung ein und wollen Menschen
dabei helfen, ihr Leben so lange wie möglich selbstständig zu führen und sich gesellschaftlich beteiligen zu können.
 

Schlagworte: Medien, Recht, Verbraucherschutz, Marktaufsicht, Cannabis

5. Sicherheit und Freiheit schützen

Respekt heißt auch, ohne Angst vor Kriminalität zu leben und ohne Angst verschieden sein zu dürfen. Alle Europäerinnen und Europäer sollen sich in der EU sicher fühlen und die Freiheit haben, sich unabhängig zu informieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Wir wollen dafür die Unabhängigkeit von Medien schützen und effektiver gegen Desinformation vorgehen. Kriminalität findet oft grenzüberschreitend statt, deswegen müssen unsere nationalen Polizei- und Sicherheitsbehörden noch besser kooperieren. Wir wollen auf europäischer Ebene Regeln setzen, um den europäischen Verbraucherschutz im gemeinsamen Binnenmarkt zu stärken. Angesichts einer Zunahme von Klimawandel bedingten Katastrophen, zusätzlich zu anderen Notfällen, wollen wir zudem den Bevölkerungsschutz verbessern, indem wir noch enger mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten und, wo sinnvoll, zentral steuern.

Freiheit der Medien sicherstellen

Medienfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der Grundrechte europäischer Bürgerinnen und Bürger. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, wie in Europa Druck auf die Medien ausgeübt wurde und europäische Werte verletzt wurden. Darum ist es höchste Zeit, die Unabhängigkeit der Medien in allen Mitgliedsstaaten zu stärken und den staatlichen Einfluss zurückzudrängen, wo er missbraucht wird. Regierungen dürfen keinen Einfluss auf die Berichterstattung öffentlich-rechtlicher wie privater Medien haben oder Druck auf Journalistinnen und Journalisten ausüben. Dafür entwickeln wir gemeinschaftliche Instrumente zum Schutz der Unabhängigkeit der Medien weiter und stellen sicher, dass Nichtregierungs- und zivilgesellschaftliche Organisationen überall dort direkt unterstützt werden, wo Demokratie und Rechtsstaatlichkeit besonders unter Druck stehen. Dafür streben wir einen Sonderfonds für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit an.

"Wir können extremistischen oder terroristischen Gewalttaten nur gemeinsam als Europäische Union begegnen."

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden stärken

Wir wollen eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizeien und Sicherheitsbehörden in der Europäischen Union. Dazu gehört insbesondere auch die Stärkung von Europol bei der Unterstützung der Mitgliedsstaaten. Die Zusammenarbeit soll sich vor allem auf die Bekämpfung der Wirtschafts- und Cyberkriminalität konzentrieren. Zudem soll sie den Waffen-, Drogen- und Menschenhandel in den Fokus nehmen, wobei sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Gewalt gegen Frauen Schwerpunkte sein sollen. Zudem bleibt es dabei, dass wir extremistischen oder terroristischen Gewalttaten nur gemeinsam als Europäische Union begegnen können. Damit die grenzüberschreitende Arbeit noch besser klappt, setzen wir uns für eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung mit gleichen Standards, z. B. mit Hilfe der EU-Agentur für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung ein. Auch die justizielle Zusammenarbeit auf EU-Ebene wollen wir stärken. Das gilt für die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust), wie auch für den Ausbau gemeinsamer Kanäle für den sicheren Datenaustausch. Weiteres Augenmerk gilt der Geldwäschebekämpfung mit der geplanten Anti-Geldwäsche-Agentur AMLA. Bezüglich der geplanten europäischen Anti-Geldwäsche-Agentur AMLA setzen wir uns für den Standort Frankfurt ein.

Stärkung der Europäischen Staatsanwaltschaft

Mit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) ist eine wichtige Behörde im Kampf gegen (Steuer-)Betrug, Korruption und Geldwäsche entstanden. Wir streben an, dass neben den aktuell 22 Mitgliedsstaaten schnell alle EU-Staaten der Behörde beitreten. Wir wollen die Arbeit der EUStA weiter stärken, indem wir ausreichende finanzielle und personelle Mittel für ihre Arbeit zur Verfügung stellen. Wir wollen für eine bessere Koordinierung der nationalen Strafverfolgungsbehörden untereinander sorgen, wie auch im Zusammenspiel mit Europäischen Agenturen wie Europol, Eurojust und der EUStA.

Sicherstellung von Vermögenswerten erleichtern

Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, dass auch bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen, bei der Ahndung von nicht eingehaltenen EU-Sanktionen oder bei der Einziehung und Sicherstellung von Vermögenswerten von Oligarchen oder Mitgliedern der organisierten Kriminalität eine verstärkte europäische Zusammenarbeit unerlässlich ist.

Europäischen Bevölkerungsschutz ausbauen und Krisenkompetenzen stärken

Angesichts von multiplen Krisen und Großschadensereignissen setzen wir uns für eine europäische Resilienzstrategie ein. Umfasst werden sollen verschiedene Arten von Herausforderungen, einschließlich
Naturkatastrophen, Terroranschlägen, Pandemien und andere Notfälle. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) wollen wir weiter stärken und besser an die Bevölkerungsschutz-
Strukturen der Mitgliedsstaaten anbinden. Es darf in der Europäischen Union nicht zu Engpässen in der Versorgung mit kritischen Gütern kommen. Bei der Ausübung von Krisenkompetenzen muss die
Kommission einer echten parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Ohne eine aktive Zustimmung des Europäischen Parlaments darf sie keine Notzuständigkeiten ausüben.

Europäischen Verbraucherschutz stärken

Die Abschaffung der Roaming-Gebühren, einheitliche Ladekabel und hohe Standards für Verbraucher- und Umweltschutz sind nur einige Beispiele, die Ausdruck für die Macht von 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Europa sind. Als Bürgerinnen und Bürger müssen wir in der Lage sein, fundierte Entscheidungen zu treffen, um aktiv zur Bewältigung des Klimawandels beitragen zu können und ein faires Miteinander zu gewährleisten. Deswegen wollen wir die Manipulationsmöglichkeiten im Internet begrenzen, mit denen Verbraucherinnen und Verbraucher viel zu oft zu Entscheidungen verleitet werden, die sie anschließend bereuen (Dark Patterns. Auch Investitionsentscheidungen werden oft über falsche Anreize durch Vermittlungen fehlgeleitet. Daher setzen wir uns für ein Provisionsverbot für die Vermittlung von Finanzdienstleistungen ein.

Mündige Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen handlungsfähige Marktaufsichtsbehörden und eine Wettbewerbsaufsicht an ihrer Seite, die den Verbraucherschutz an die erste Stelle setzen. Denn den Verbraucherinnen und Verbrauchern darf nicht die alleinige Verantwortung für die Durchsetzung von Marktregeln auferlegt werden. Deshalb müssen insbesondere Online-Marktplätze stärker in die Verantwortung genommen werden, eigene Prüfpflichten bekommen und für Fahrlässigkeit in die Haftung genommen werden. Wir wollen dynamische Preissetzungen von Monopolunternehmen als unlautere Geschäftspraxis konsequent untersagen.

Entkriminalisierung von Cannabis

Wir sind davon überzeugt, dass eine lizensierte und kontrollierte Abgabe von Cannabis hilft, den illegalen Drogenhandel zurückzudrängen und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Wir setzen uns für eine verantwortungsvolle, zügige und europarechtskonforme Legalisierung von Cannabis ein und wollen dafür die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Dabei haben für uns der Gesundheits- und Jugendschutz höchste Priorität.