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1933 | Besetzung der SPD-Häuser

Foto: Besetzung des Parteivorstandsgebäudes und des Vorwärts in Berlin, Lindenstrasse, durch SA, 1933
AdsD/FES

6. März 1933
SA-Horden besetzen das Berliner Lindenhaus

Seit fünf Wochen heißt Deutschlands Reichskanzler Adolf Hitler. Vor einer Woche brannte der Reichstag. Im Schatten der Flammen enteignen die Nazis die einzige Kraft, die ihnen bis zuletzt Widerstand leistet und die Demokratie verteidigt. SA-Truppen besetzen und verwüsten die Parteihäuser der SPD.

In zahlreichen Städten des Deutschen Reich stehen 1933 sozialdemokratische Volkshäuser. Allen voran das Lindenhaus an der Berliner Lindenstraße. Seit 1902 ist es eine gebaute Manifestation der Kraft und des Stolzes der deutschen Arbeiterbewegung.

Auf 27 000 Quadratmetern befinden sich Geschäfte, ein Restaurant, eine Buchhandlung, Versammlungsräume – und die Büros des Parteivorstandes der SPD. Das Lindenhaus bietet mehr als fünf mal so viel Platz wie die heutige Parteizentrale, das Willy-Brandt-Haus in Berlin.

Die Polizei als Komplizin

Auch der vorwärts wird hier redigiert und gedruckt. Schon vor dem Machtantritt der Nazis haben ihre national-konservativen Steigbügelhalter die SPD-Zeitung immer mal wieder verboten. Seit dem Reichstagsbrand konnte nur noch eine einzige Ausgabe erscheinen.

Am 6. März umstellen Polizisten und SA-Einheiten das Lindenhaus. Die Beschäftigten werden verhaftet. Die preußische Polizei macht sich zur Komplizin eines dreisten Diebstahls. Die Staatsmacht ist Kriminellen in die Hände gefallen. Eine freie Presse, die aufschreien könnte, gibt es nicht mehr.

Kraft durch Diebstahl

Hitlers NSDAP und ihre Unterorganisationen nehmen die Häuser der SPD in Besitz. Überall im Reich. Der Diebstahl ist generalstabsmäßig geplant. Formelle Enteignungen folgen. Der "Führerstaat" lässt den Raub legalisieren. Willige Juristen verbrämen das Unrecht mit Paragraphen. Ins Lindenhaus zieht später die NS-Organisation "Kraft durch Freude" ein.

Noch in den 1950er Jahren versuchen bundesdeutsche Finanzbehörden Entschädigungsansprüche der SPD mit dem Argument abzuwehren, zum Zeitpunkt des Rechtsakts der Enteignung sei etwa das Parteihaus in Krefeld schon zerstört – also wertlos – gewesen. Wie könne man für Wertloses eine Entschädigung verlangen!

Im von Hitler entzündeten Zweiten Weltkrieg wird das Lindenhaus zerstört. 1962 verkauft die SPD das Grundstück. In den 1990er Jahren errichtet sie ganz in der Nähe das Willy-Brandt-Haus. Seit dem 22. April 2013 rufen drei Stelen die Geschichte des Haus des Volkes an der Lindenstraße in Erinnerung. "Demokratie", sagt bei ihrer Einweihung die damalige SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks, "ist nur dann lebendig, wenn sie zur Lebensweise wird: bei Wahlen, in Kommunen, in Betrieben, in Schulen, in Vereinen." Und so, wie sie es in Volkshäusern war.