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III. Eine Gesellschaft des Respekts
III. Eine Gesellschaft des Respekts
Wir stehen für eine Gesellschaft des Respekts. Eine Gesellschaft, in der wir uns gegenseitig anerkennen, auch wenn wir in vielerlei Hinsicht verschieden sind. Eine Gesellschaft, in der niemand auf andere herabschaut und in der Meinungsverschiedenheiten fair, zivilisiert und auf Basis unserer demokratischen Grundsätze ausgetragen werden.
Wo dieser Respekt fehlt, zerfällt unsere Gesellschaft. Hassreden im Internet zersetzen unsere Gesellschaft. Das ist der Nährboden für Rechtsextreme. Unsere Politik zielt darauf ab, den Respekt wiederherzustellen.
- Sie achtet die Würde jeder Arbeit und jede Lebensleistung.
- Sie steht für gleiche Teilhabe und gleiche Lebenschancen für alle. Sie sorgt für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land.
- Sie ist konsequent gegen jede Form von Diskriminierung, egal ob es um soziale Herkunft, Geschlecht, Migrationsbiografie, Religion, Behinderung oder sexuelle Orientierung geht.
- Sie steht für politische und soziale Bürger*innenrechte. Sie steht aber auch für Pflichten. Dazu gehört, dass sich alle an Gesetze halten.
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Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.
Das Zukunftsprogramm der SPD [pdf | 2 MB] 09.05.2021Arbeit wertschätzen
Unser Ziel ist Vollbeschäftigung mit gerechten Löhnen. Unsere Antwort auf den Wandel der Arbeitswelt ist ein „Recht auf Arbeit“. Das bedeutet für uns, dass sich die Solidargemeinschaft dazu verpflichtet, sich um Jede*n zu kümmern und jeder*m Arbeit und Teilhabe zu ermöglichen. Weil sich Arbeit verändert, soll jede*r alle Möglichkeiten bekommen, sich auch selbst weiterzuentwickeln.
Tiefer einsteigen:
Arbeit bedeutet auch die Sicherung der Existenz. Das ist ein grundlegendes Bedürfnis. Für sich selbst und die Familie. Diese Sicherheit gibt es nur, wenn man auch langfristig planen kann: Eine gute Wohnung finden, die Miete bezahlen, den Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen, den Lebensstandard im Alter sichern.
Daher setzen wir uns für gerechte Löhne ein. Wir werden die Möglichkeit vereinfachen, Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären, damit sie für alle Beschäftigten und Arbeitgeber*innen in einer Branche gelten. Tarifverträge müssen auch weiter gelten, wenn Betriebe aufgespalten und ausgelagert werden.
Wir wollen, dass möglichst viele Unternehmen sich an den Tarifverträgen beteiligen. Die Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden ohne Tarifbindung ist unanständig. Wir werden diese Praxis zurückzudrängen. Ein öffentlicher Auftrag darf nur an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. Dazu schaffen wir ein Bundestariftreuegesetz. Eine bessere Tarifbindung ist darüber hinaus eine wichtige Voraussetzung, die Lohnangleichung zwischen Ost und West durchzusetzen.
Tiefer einsteigen:
Wer den ganzen Tag arbeitet, muss von seiner Arbeit ohne zusätzliche Unterstützung leben können. Auch das ist eine Frage des Respekts. Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn zunächst auf mindestens zwölf Euro erhöhen und die Spielräume der Mindestlohnkommission für künftige Erhöhungen ausweiten.
Die Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne einen Sachgrund werden wir abschaffen und die vom Gesetz akzeptierten Gründe für eine Befristung kritisch überprüfen. Leiharbeiter*innen werden ab dem ersten Tag den gleichen Lohn erhalten wie Festangestellte.
Die Corona-Krise hat erneut gezeigt, dass die soziale Sicherung der Minijobs unzureichend ist. Unser Ziel ist, alle Beschäftigungsverhältnisse in die soziale Sicherung einzubeziehen. Dabei wird es Übergänge für bestehende Arbeitsverhältnisse und Ausnahmen für bestimmte Gruppen wie zum Beispiel Rentner*innen geben. Um die Nettoeinkommen von gering Verdienenden zu erhöhen, heben wir die Gleitzone der Midi-Jobs auf 1.600 Euro an. In dieser Zone zahlen die Arbeitnehmer*innen geringere Beiträge, ohne dass sie dadurch einen geringeren Rentenanspruch haben.
Den Zugang zur Brückenteilzeit werden wir für mehr Beschäftigte möglich machen.
Corona hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie groß bei manchen Berufsgruppen die Lücke zwischen Wert und Lohn ist. Dazu gehören die sozialen Dienstleistungsberufe. Es verdient große Anerkennung, dass immer mehr junge Menschen es sich vorstellen können, soziale Berufe zu ergreifen, Mädchen genauso wie Jungen - es sind Berufe mit Bedeutung und Zukunft. Hier entstehen die meisten Arbeitsplätze.
In der Pflege wird enorme und gesellschaftlich wertvolle Arbeit geleistet. Wir wollen die Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Altenpflege und Pflege von Menschen mit Behinderung schnell verbessern. Unsere Ziele sind allgemeinverbindliche Branchentarifverträge. Wie werden über die Pflegemindestlohnkommission eine weitere Erhöhung der Mindestlöhne verfolgen. Gemeinsam mit den Kirchen wollen wir einen Weg erarbeiten, ihr Arbeitsrecht dem allgemeinen Arbeits- und Tarifrecht sowie der Betriebsverfassung anzugleichen. Wir haben dafür gesorgt, dass Pflegeanbieter, die nach Tarif zahlen, diese auch von der Pflegeversicherung refinanziert bekommen. Nun werden wir im Umkehrschluss die Refinanzierung der Pflegeleistungen an die Geltung von Tarifverträgen binden.
Es gibt einen gewaltigen Personalmangel in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Soziale Arbeit aufwerten heißt für uns auch, dass die Arbeits- und Stressbelastung gesenkt werden muss. Wir werden deshalb den Vorschlag eines neuen, bundesweiten und einheitlichen Personalbemessungsrahmens voranbringen. Pfleger*innen müssen sich beruflich weiterentwickeln können.
Auch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wird von gut ausgebildeten Fachkräften geleistet. Erzieher*innen, Lehrer*innen, Sozialpädagog*innen und Beschäftigte in der Jugendhilfe machen mit großem Engagement und viel Leidenschaft ihre Arbeit, doch auch hier fehlt es an Personal. Mit gezielten Impulsen zur Fachkräftesicherung werden wir die Länder beim weiteren Ausbau von Kitas, Ganztagsbetreuung an Schulen und Jugendeinrichtungen unterstützen. Unser Ziel ist es, die Zahl der Nachwuchskräfte in den erzieherischen Berufen bis 2030 bundesweit zu verdoppeln. Dafür werden wir eine attraktive, vergütete und schulgeldfreie Ausbildung schaffen, für mehr Ausbildungskapazitäten an Fachschulen und in den Studiengängen zur sozialen Arbeit und Kindheitspädagogik sorgen, mehr Karriereoptionen für die Fachkräfte schaffen und Beschäftigungsverhältnisse anstreben, die eine eigenständige Existenzsicherung ermöglichen.
Tiefer einsteigen:
Die Krise hat gezeigt, wie unverzichtbar und wichtig funktionierende Postdienste und Paketdienste für die Daseinsvorsorge in Deutschland sind. Die Arbeitsbedingungen in dieser Branche sind oft schlecht. Es gibt viele ungesicherte Arbeitsverhältnisse durch Scheinselbständigkeit und Subunternehmertum. Eine Zerschlagung der Deutschen Post und eine vollständige Privatisierung werden wir verhindern und unfaire Wettbewerbsvorteile von Digitalkonzernen auch in diesem Bereich beseitigen. Wir werden die Branche sozial und ökologisch ausrichten.
Der Erfolg der Unternehmen wird von ihren Beschäftigten erarbeitet. Deshalb verbessern wir deren Mitbestimmung. Wir werden sie auf Unternehmen in ausländischer Rechtsform erweitern. Wir werden den Geltungsbereich der Mitbestimmung durch die Absenkung der Schwellenwerte der Unternehmensgrößen erweitern. Entscheidungen zur Verlagerung oder Schließungen von Betriebsstandorten sollen nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg getroffen werden. Darum stärken wir durch eine echte Parität in den Aufsichtsräten den Einfluss der Arbeitnehmer*innen.
Tiefer einsteigen:
Die neuen technologischen Möglichkeiten bieten die Chance, die Arbeitsbedingungen in Unternehmen und Betrieben zu verbessern, Belastungen zu verringern und die Handlungsspielräume der arbeitenden Menschen zu erweitern. Bei der Digitalisierung der Unternehmen müssen die Belegschaften auf Augenhöhe beteiligt werden.
Die letzte große Reform der Betriebsverfassung liegt 20 Jahre zurück und braucht ein Update. Unsere Ziele: Mehr echte Mitbestimmungsrechte bei der Beschäftigtensicherung und Betriebsänderungen, beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen, beim Einsatz neuer Technologien und Arbeitsweisen wie die der Künstlichen Intelligenz (KI), bei der Personalbemessung, damit Überlastungen beseitigt werden und bei der betrieblichen Weiterbildung als eine zentrale Voraussetzung für gelungenen Wandel. Wir werden den Kündigungsschutz für Betriebsrät*innen ausweiten und eine Behinderung von Betriebsratsarbeit stärker verfolgen.
Mit der Digitalisierung wird Arbeit immer häufiger ortsunabhängig erledigt oder über Plattformen organisiert. Auch hier müssen Arbeitnehmer*innenrechte unvermindert gültig und wirksam sein. Gewerkschaften sollen ein digitales Zugangsrecht zum „virtuellen“ Betrieb erhalten. Beschäftigte auf Plattformen sollen sich zusammenschließen können, um gemeinsam grundlegende Bedingungen ihrer Tätigkeit mit den Plattformen aushandeln können. Wir wollen, dass der Arbeitnehmerstatus einfacher geklärt werden kann. Wir werden ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften und ein Beschäftigtendatenschutzgesetz einführen.
Die Corona-Krise hat Teile der Arbeitswelt auf den Kopf gestellt, das Homeoffice hat an Bedeutung gewonnen. Der Schreibtisch in den eigenen vier Wänden und Videokonferenzen statt persönlicher Begegnung waren anfangs ungewohnt, sind aber inzwischen Alltag und Routine für viele Bürger*innen.Wir werden einen Rechtsanspruch auf mobile Arbeit einführen. Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer Fünf-Tage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt. Klar ist, dass das nicht in Rundum-die-Uhr-Arbeiten ausarten darf – auch im Homeoffice müssen Arbeits- und Ruhezeiten gelten, die Arbeitszeit muss jeden Tag vollständig erfasst werden und es braucht ein Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten, auf technische Ausstattung sowie guten Unfallversicherungsschutz. Um betriebliche Regelungen zur mobilen Arbeit zu fördern, schaffen wir ein Mitbestimmungsrecht zur Einführung und bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit. Der Grundsatz der Freiwilligkeit der mobilen Arbeit für Arbeitnehmer*innen ist für uns Voraussetzung.
Wir sorgen dafür, dass vom Wandel der Arbeitswelt alle profitieren. Dazu gehört, dass Arbeitszeiten besser zum Leben passen und Menschen mehr selbstbestimmte Zeit haben – etwa für Familie, soziales Engagement und Weiterbildung. Wir werden die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes erhalten. Eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit schließen wir aus. Wenn die Arbeit durch Produktivitätsgewinne weniger werden sollte, müssen alle davon profitieren. Da wo Gewerkschaften für die Absenkung von Arbeitszeit streiten, um mehr selbstbestimmte Zeit zu ermöglichen oder Beschäftigung zu sichern, stehen wir an ihrer Seite.
Für viele Menschen ist Selbständigkeit eine attraktive Form der Erwerbstätigkeit. Unternehmergeist fördert dringend benötigte Innovationen. Wir schaffen ein Klima, das Selbständigkeit positiv aufnimmt und unterstützt. Dazu gehört, dass offensichtliche Schutzlücken bei kleinen Selbständigen und Kreativen beseitigt werden und deren soziale Absicherung verbessert wird. Die Corona-Krise hat uns deutlicher denn je vor Augen geführt, wie schnell man ohne eigenes Zutun in Not gerät und wie schnell Rücklagen aufgebraucht sind. Wir werden darum Solo-Selbständige, darunter sind beispielsweise viele Künstler*innen, Autor*innen, Maler*innen, Übersetzer*innen, Entwickler*innen, besser absichern. Dafür werden wir die Absicherung in der Künstlersozialversicherung ebenso wie in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung verbessern. Der Wechsel zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung und Selbständigkeit ist keine Ausnahme mehr.
Wer Neues wagt, braucht Sicherheit. Die bestehende freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung bietet ein solches Netz. Wir werden den Zugang verbessern und mehr Sicherheit im Bedarfsfall schaffen. Die Regelungen für die ständigen und nicht ständig Beschäftigten zum Beispiel im Bereich des Films und der Theater werden wir deutlich vereinfachen und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stärken und ausbauen. Wir werden eine grundsätzliche Pflicht zur Altersvorsorge einführen und Selbständige schrittweise in die gesetzliche Rentenversicherung integrieren. Die Mindestbeiträge zur Krankenversicherung für Selbständige haben wir bereits um mehr als die Hälfte gesenkt. Unser Ziel sind einkommensabhängige Beiträge wie bei abhängig Beschäftigten.
Wir werden auch Solo-Selbständige besser absichern, deren Geschäftsmodell sie grundsätzlich trägt, wo jedoch unvorhersehbare erhebliche Einnahmeausfälle, etwa durch den kurzfristigen Wegfall von Auftraggebern, zu Notlagen führt. Mit einem Sicherungsgeld schaffen wir einen neuen Weg der solidarischen Absicherung für Selbständige in Notlagen, die über branchen- und saisonübliche Schwankungen hinausgehen, durch die Bundesagentur für Arbeit. Das Sicherungsgeld soll mit Leistungen der Arbeitslosenversicherung vergleichbar sein. Das durch Beiträge der Selbständigen finanzierte Sicherungsgeld hat dabei Vorrang vor Leistungen der Grundsicherung.
Berufschancen erhöhen
Wir setzen uns für eine Ausbildungsgarantie ein. Junge Berufsanfänger*innen brauchen eine Chance, in das Berufsleben einzusteigen. Sie verdienen Respekt ebenso wie jene, die einen beruflichen Neustart wagen. Für uns bleibt die Vermittlung junger Menschen in eine betriebliche Ausbildung oberstes Ziel. Denn die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell, das wir vollumfänglich stärken wollen. Alle Unternehmen, vor allem größere, müssen jedoch mehr Verantwortung für die Schaffung von ausreichend Ausbildungsplätzen übernehmen. Wir unterstützen das Mittel der Umlagen bzw. Fonds, beispielsweise branchenbezogen, dort wo unterhalb des Bedarfs ausgebildet wird. Alle jenen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz ermöglichen wir eine eng an die betriebliche Praxis angelehnte Ausbildung in einer Berufsschule oder eine außerschulische Ausbildung. Der Wechsel in eine betriebliche Ausbildung hat für uns hier zu jedem Zeitpunkt Priorität.
Tiefer einsteigen:
Wir werden zudem unseren Weg fortsetzen, in den Berufen der Gesundheit, Pflege und Erziehung die vollschulischen Ausbildungen dual auszurichten. Damit werden sie kostenfrei und die Auszubildenden erhalten eine Vergütung. Zudem werden wir die dualen akademischen Ausbildungswege und damit die Bedeutung der Professionalität in diesen Berufsfeldern stärken, Qualität sichern und Karriereoptionen für die Beschäftigten eröffnen.
Den Lernort Berufsschule werden wird stärken, vor allem im ländlichen Raum und in strukturschwachen Regionen. Dafür schließen wir einen Pakt für berufsbildende Schulen von Bund, Ländern und Schulträgern zusammen mit den Sozialpartnern. Im Vordergrund stehen dabei die Modernisierung der technischen Ausstattung und eine verbesserte Sicherung des Lehrkräfte-Nachwuchses. Um berufliche und akademische Bildung besser zu verzahnen, werden wir das duale Studium besser fördern. Den Weg der Gebührenfreiheit bei der Aufstiegsfortbildung setzen wir fort.
Tiefer einsteigen:
Unsere Arbeit befindet sich im Wandel. Durch die technologische Entwicklung gehören manche Berufsbilder inzwischen der Vergangenheit an oder werden in naher Zukunft verschwinden oder sich verändern. Gleichzeitig entstehen neue Berufsbilder, die Zukunft versprechen. Damit alle, die damit verbundenen Möglichkeiten nutzen können, lenken wir unser Augenmerk auf die Weiterbildung.
Wir wollen die Arbeitslosenversicherung zu einer solidarischen Arbeitsversicherung weiterentwickeln. Sie soll nicht erst im Fall der Arbeitslosigkeit auf den Plan treten, sondern dabei helfen, diese gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Bundesagentur für Arbeit bauen wir darum zur Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung um, die ein hochwertiges und individuelles Beratungsangebot gewährleistet. Wir werden einen Anspruch auf Qualifizierung einführen, der bereits nach drei Monaten ohne neue Erwerbsarbeit greift (Arbeitslosengeld Q). Damit halten wir den Betroffenen den Rücken frei, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können: Neue Arbeit zu finden, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen.
Wir schaffen ein Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen Lebensphasen. Jede*r einzelne wird bei den bevorstehenden Veränderungen unterstützt. Wir werden ein Recht schaffen, das es Arbeitnehmer*innen auch mit 40plus ermöglicht, noch einmal einen ganz neuen Beruf zu erlernen.
Mit unserem Modell der geförderten Bildungszeit und Bildungsteilzeit werden wir ermöglichen, dass alle Erwerbstätigen im Lauf ihres Erwerbslebens auf eigene Initiative und mit staatlicher Unterstützung unabhängig vom Betrieb sich weiterbilden oder umschulen können. Wer Bildungszeit oder Bildungsteilzeit beantragt, erhält ein Recht, sich von seinem Beruf freistellen zu lassen oder die Arbeitszeit zu reduzieren. Die Bildungszeiten werden wir mit einer finanziellen Förderung ausgestalten, die Lohneinbußen während der Weiterbildung oder Umschulung angemessen kompensiert – und zwar lange genug, um anerkannte Abschlüsse zu erwerben. Bei den Kosten für die Weiterbildungsmaßnahme werden wir diejenigen unterstützen, die die Mittel nicht oder nicht vollständig aus eigener Tasche aufbringen können.
Mit einem Transformations-Kurzarbeitergeld unterstützen wir die Qualifizierung von Beschäftigten in Betrieben, die sich neu orientieren müssen.
Neben der individuellen Weiterbildungsförderung wollen wir die Möglichkeiten eines Beschäftigtentransfers stärker fördern, wenn betriebliche Umstrukturierungen oder Betriebsschließungen unvermeidlich sind.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) soll in Zukunft wieder mehr junge Erwachsene erreichen. Dafür weiten wir die Förderansprüche aus und streben eine schrittweise Rückkehr zum Vollzuschuss an. Das neue Kindergeld ist eine Basisabsicherung für alle bis zum Alter von 25 Jahren. Es macht das BAföG elternunabhängiger. Zugleich werden wir das BAföG und das Aufstiegs-BAföG besser aufeinander abstimmen und perspektivisch zusammenführen. Die Altersgrenzen im BAföG werden wir dazu in einem ersten Schritt aufheben. Und wir brauchen ein Neustart-BAföG, das auch im Erwachsenenalter neue berufliche Wege öffnen und angemessen den Lebensunterhalt sichert.
Bereits jetzt besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer*innen ihre geleisteten Arbeitsstunden auf Langzeitkonten ansparen. Allerdings besteht bislang kein rechtlicher Anspruch darauf und nur ein kleiner Teil der Unternehmen und Arbeitnehmer*innen nutzt Langzeitkonten. Wir werden das Instrument zu einem persönlichen Zeitkonto weiterentwickeln, um zusätzlich individuelle Gestaltungsmöglichkeiten entlang des Lebenslaufs zu schaffen. Basis eines solchen Zeitkontos sind Zeiteinzahlungen der Beschäftigten – auf diese Weise gehen Überstunden nicht verloren, sondern verwandeln sich in ein Zeitguthaben, das per Tarifvertrag oder durch den Staat nach dem Prinzip eines Chancenkontos aufgestockt werden kann.
Tiefer einsteigen:
Solidarität erweitern
Unser Sozialstaat ist der Garant, auf den sich alle verlassen können müssen, damit unsere Gesellschaft zusammenhält. Er baut auf sozialen Rechten und Pflichten auf. Bürger*innen treten ihm nicht als Bittsteller*innen gegenüber. Wir werden den Zugang zum Arbeitslosengeld erleichtern. Dabei haben wir insbesondere neue Beschäftigungsformen und unterbrochene Erwerbsbiographien im Blick.
Wir wollen Lebensleistungen stärker berücksichtigen. Wer länger eingezahlt hat, soll zukünftig auch länger Arbeitslosengeld I beziehen. Für Bürger*innen, die trotz bester Unterstützung keine Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, haben wir den sozialen Arbeitsmarkt eingeführt. Er ebnet denjenigen, die seit vielen Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen sind, den Weg in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
Tiefer einsteigen:
Es hat sich bewährt, sinnvolle und sozial abgesicherte Tätigkeiten zu schaffen. Wir werden den sozialen Arbeitsmarkt ausbauen und weiterentwickeln. Auch weiterhin werden wir Arbeitgeber mit Lohnkostenzuschüssen unterstützen, die Langzeitarbeitslose sozialversicherungspflichtig einstellen.
Die Grundsicherung werden wir grundlegend überarbeiten und zu einem Bürgergeld entwickeln. Unser Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats. Das Bürgergeld soll digital und unkompliziert zugänglich sein. Bescheide und Schriftwechsel sollen eine verständliche Sprache sprechen. Die Regelsätze im neuen Bürgergeld müssen zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Das Bürgergeld muss absichern, dass eine kaputte Waschmaschine oder eine neue Winterjacke nicht zur untragbaren Last werden. Die Kriterien zur Regelsatzermittlung werden wir weiterentwickeln und Betroffene und Sozialverbände mit einbeziehen.
Tiefer einsteigen:
Das Ziel muss sein, die hilfsbedürftige Lebenslage gemeinsam zu bezwingen und allen eine Beschäftigung und, falls erforderlich, eine Qualifizierung und Weiterbildung zu ermöglichen. Wir setzen auf eine umfassende und passgenaue Unterstützung, die die gesamte Bedarfsgemeinschaft in den Blick nimmt - auf Qualität und gute Netzwerke statt auf eine reine Kennzahlenlogik. Wir werden die gesetzlichen, personellen und finanziellen Rahmenbedingungen weiter so verbessern, dass die Jobcenter und ihre Beschäftigten diesem Auftrag nachkommen können. Wir schaffen das Recht auf Förderung beim Nachholen eines Berufsabschlusses und führen einen Weiterbildungs-Bonus ein, der die finanziellen Spielräume spürbar erweitert.
Wir haben wegen der Corona-Pandemie die Vermögensprüfung weitestgehend ausgesetzt. Man läuft nicht mehr Gefahr, aus der Wohnung ausziehen zu müssen. Dadurch können sich die Behörden und die Betroffenen in den ersten Monaten mit voller Energie auf eine sinnvolle Wiederaufnahme der Beschäftigung konzentrieren. Die guten Erfahrungen aus diesen vorübergehenden Maßnahmen haben uns darin bestätigt, dafür zu sorgen, dass auch in Zukunft Vermögen und Wohnungsgröße innerhalb der ersten zwei Jahre nicht überprüft werden und das Schonvermögen erhöht wird. Das Bürgergeld beinhaltet Mitwirkungspflichten, setzt aber konsequent auf Hilfe und Ermutigung. Eingliederungsvereinbarungen werden durch eine gemeinsame und auf Augenhöhe erarbeitete Teilhabevereinbarung ersetzt. Bei ihrer Umsetzung setzen wir auf Befähigung und Bestärkung und nicht auf Vorgaben und Zwang. Sinnwidrige und unwürdige Sanktionen schaffen wir ab. Das sozioökonomische und soziokulturelle Existenzminimum muss jederzeit gesichert sein.
Die Leistungen des Sozialstaates sind soziale Rechte – wer sie benötigt, sollte nicht lange suchen müssen. Unser Ziel ist es, die Leistungen ohne Hürden und Umwege zugänglich zu machen. Wir wollen einen Bürgerservice, der nach Lebenslagen berät und alle Leistungen aus einer Hand zugänglich macht. Er ist digital und aufsuchend, wo der Weg zu beschwerlich ist. Ein zugewandter Sozialstaat hilft, Rechtsansprüche geltend zu machen, und begleitet auch danach beratend alle Schritte.
Wir werden die Beschäftigten dabei unterstützen, gesund bis zum Rentenalter zu arbeiten. Neben Weiterbildung kommt dabei der Gesundheitsprävention eine zentrale Bedeutung zu. Dafür wollen wir die Aktivitäten der unterschiedlichen Sozialversicherungen für Betriebe und Beschäftigte bündeln.
Das seelische Wohl aller Bürger*innen ist so wichtig wie die materielle Versorgung. Nicht erst die Corona Pandemie hat Einsamkeit als eine große gesellschaftliche Herausforderung deutlich sichtbar gemacht. Wir werden ihr auf den verschiedenen Ebenen entgegenwirken.
Alter absichern
Für alle Erwerbstätigen muss eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit sicher sein. Es geht um Respekt und Wertschätzung der Arbeit und darum, sich mit eigener Arbeit eine gute eigenständige Absicherung im Alter zu schaffen und von dem erworbenen Lebensstandard nicht erheblich einzubüßen. Zentrale Grundlage dafür bleibt für uns die gesetzliche Rentenversicherung mit ihren verlässlichen Leistungen und ihrer solidarischen Finanzierung.
Wir wollen die gesetzliche Rente stärken und stehen für eine dauerhaft stabile Rentenleistung und ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent. Sollten sich weitere Spielräume ergeben, werden wir sie nutzen. Arbeit darf ihren Wert im Alter nicht verlieren. In Parlament und Regierung haben wir uns erfolgreich für die Grundrente eingesetzt. Sie ist ein Fortschritt und schützt viele Menschen, die Jahrzehnte für geringe Löhne gearbeitet haben, vor dem Risiko im Alter arm zu sein.
Immer wieder fordern Arbeitgeber und konservative Kräfte, dass Menschen für eine gute Rente noch länger arbeiten sollen. Wir lehnen eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab, weil sie für viele, die nicht länger arbeiten können, eine Rentenkürzung bedeutet und ungerecht ist. Den gesetzlichen Anspruch, dass besonders langjährig Versicherte vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen können, werden wir beibehalten. Solidarität in der Alterssicherung bedeutet für uns zudem, dass auch die Selbstständigen, Beamt*innen, freien Berufe und Mandatsträger*innen der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. Es ist an der Zeit, die Gesamtheit der Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen und die Sondersysteme auf lange Sicht zu überwinden. Wenn es zu einer Zusammenführung der Altersversorgung der Beamt*innen mit der gesetzlichen Rentenversicherung kommt, wird das Gesamtniveau ihrer Alterssicherung nicht reduziert.
Es darf nicht sein, dass jemand wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Armut gerät. Wir werden daher die Armutsrisiken bei den heutigen Erwerbsminderungsrentner*innen verringern und für sie Verbesserungen erreichen. Wir wollen eine geschlechtergerechte Rente. Unterschiedliche Arbeitszeiten und familienbedingte Tätigkeiten bei den Renten werden wir gerechter behandeln. Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen sich nicht mehr negativ auf die Rente auswirken und die eigene Altersarmut bedeuten. Hier brauchen wir mehr Solidarität und Respekt vor dieser schweren Aufgabe.
Wir haben es kleinen und mittleren Unternehmen erleichtert, für ihre Beschäftigten in die betriebliche Altersversorgung einzusteigen. Unser ist Ziel ist, dass deutlich mehr Beschäftigte in einer betrieblichen Altersversorgung abgesichert sind. Dabei sollten tarifvertraglich vereinbarte kollektive Altersversorgungsformen bevorzugt werden. Zudem setzen wir uns für die vollständige Abschaffung der Vollverbeitragung sowie der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung ein.
Wir wollen allen gesetzlich verpflichtet Versicherten zusätzlich die Möglichkeit einräumen, sich in angemessenem Umfang ergänzend freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern.
Eine ergänzende private Altersvorsorge ist kein Ersatz für die gesetzliche Rente. Die bisherigen Ergebnisse der Riester-Rente sind nicht zufriedenstellend. Wir wollen daher bei klassischen privaten Angeboten der Altersvorsorge bürokratische Hemmnisse abbauen und Kosten senken. Um den Bürgerinnen und Bürgern eine attraktive private Altersvorsorge zu ermöglichen, setzen wir uns für ein neues standardisiertes Angebot ein, das kostengünstig ist, digital und grenzüberschreitend und (nach schwedischem Vorbild) auch von einer öffentlichen Institution angeboten wird. Die Förderung neuer Verträge werden wir in Form von Zuschüssen auf untere und mittlere Einkommensgruppen beschränken.
Füreinander einstehen
Eine Gesellschaft des Respekts misst sich auch am Umgang mit den Bürger*innen, die auf andere angewiesen sind und gepflegt werden müssen. Wir haben bereits dafür gesorgt, dass Angehörige mit einem Einkommen unter 100.000 Euro pro Jahr nicht mehr für die Pflegekosten herangezogen werden. So müssen sich Eltern nicht mehr sorgen, dass ihre Kinder später für ihre Pflege aufkommen müssen.
Wir wollen eine Vollversicherung als Bürgerversicherung, die alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdeckt. Ein erster Schritt dorthin ist für uns, für Pflegebedürftige mit kleinen und mittleren Einkommen den Eigenanteil zu deckeln, damit Pflege für sie bezahlbar bleibt. Zukünftige Kostensteigerungen werden solidarisch über einen Mix aus moderat steigenden Pflegeversicherungsbeiträgen und einem dynamischen Bundeszuschuss finanziert.
Die Pflegeinfrastruktur muss bedarfsgerecht ausgebaut werden.
Für uns ist es außerdem wichtig, dass Länder, Landkreise und Kommunen mehr Möglichkeiten erhalten, darüber zu entscheiden, wo und in welcher Trägerschaft Heime entstehen. Um ihren Sicherstellungsauftrag zu gewährleisten, müssen sie deutlich intensiver in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
Bei Pflegebedürftigkeit wollen viele in der eigenen Wohnung bleiben. Dabei sind sie oft auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesen. Dabei entsteht viel Rechtsunsicherheit zu den wechselseitigen Pflichten und Rechten. Wir werden bei der Pflege und der Hilfe im Alltag für rechtliche Klarheit sorgen.
Ein besonderes Augenmerk werden wir auf den ländlichen Raum legen. Wir werden im Rahmen eines Modellprojektes des Bundes Dienstleistungszentren (DLZ) in kleinen Städten und Gemeinden schaffen, in denen medizinische und haushaltsnahe Dienstleistungen vermittelt werden. Die DLZ erkennen darüber hinaus fehlende Angebote und schaffen in Kooperation mit dem sozialen Arbeitsmarkt und den vorhandenen Anbietern Abhilfe.
Wir werden durch eine besondere Förderung der haushaltsnahen Dienstleistungen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, älteren Menschen helfen, möglichst lange in der eigenen Wohnung zu leben, Schwarzarbeit bekämpfen und den Personen, die bislang ohne Sozialversicherung in den privaten Haushalten arbeiten, eine Absicherung bei Arbeitsunfällen oder Krankheit geben. Diese Förderung soll so ausgerichtet sein, dass sie auch von Geringverdiener*innen in Anspruch genommen werden kann.
Bezahlbar wohnen
Eine Wohnung zu finden wird in vielen Lagen zu einer immer größeren Herausforderung – selbst mit mittlerem Einkommen.
Tiefer einsteigen:
Wir werden bezahlbaren Wohnraum erhalten und neuen schaffen. Dazu werden wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, aber auch private Wohnungsunternehmen und Vermieter*innen, die sich einer sozialverträglichen Vermietung verpflichtet fühlen, sollten dabei sein wie auch die Bauwirtschaft und die Gewerkschaften.
Es gibt eine gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten vor allem für den erforderlichen Neubau sowie die Quartiersentwicklung und den Klimaschutz. Nach wie vor ist der Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich erforderlich. Daneben führen wir eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit ein und fördern damit ein zusätzliches nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt.
In angespannten Wohnlagen werden wir daneben ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen, das bedeutet: Mieten können für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden. Mietwucher werden wir wirksam unterbinden. Wir werden außerdem die Mietpreisbremse entfristen und Schlupflöcher schließen. Das Instrument des qualifizierten Mietspiegels wollen wir bundesweit nach einheitlichen und damit rechtssicheren Kriterien ausgestalten und seine Bedeutung stärken. Mietspiegel dürfen keine bloßen Neumietenspiegel sein. Deshalb werden wir künftig mindestens die vertraglich vereinbarten Mieten der vergangenen acht Jahre bei ihrer Aufstellung heranziehen.
Unsere Bodenpolitik wird am Gemeinwohl orientiert. Bund, Länder und Kommunen sollen öffentliches Eigentum an Grundstücken sichern und vermehren, um die Spekulation mit Grund und Boden zu stoppen. Dazu ist das Vorkaufsrecht für Kommunen zu fairen Preisen wichtig.
Wir werden dazu beitragen, dass kommunale Wohnbauflächen nicht veräußert werden, Flächen zurückerworben werden und öffentliches Bauland nur auf dem Weg der Erbpacht für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wird. Mit der Schaffung von Bodenfonds unter Einbeziehung bundeseigener Grundstücke erhalten Kommunen ein Instrument für die nachhaltige Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnungsbau. Die Liegenschaftspolitik des Bundes wird sich auch in Zukunft an städtebaulichen Prioritäten ausrichten und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in den Kommunen unterstützen. Wir werden die bislang nach einer Zehn-Jahres-Frist geltende Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne nicht selbst genutzter Grundstücke abschaffen und einen Planungswertausgleich einführen, um leistungslose Bodenwertgewinne der Allgemeinheit zukommen zu lassen. Um die Spekulation mit Wohnraum einzudämmen, werden wir die Eigentümerstrukturen über ein zentrales Immobilienregister transparent machen.
Wohneigentum dient nicht nur der Versorgung mit Wohnraum, sondern auch der Vermögens- und Alterssicherung. Um insbesondere jungen Familien den Weg zu den eigenen vier Wänden zu erleichtern, werden wir in angespannten Wohnlagen den Erwerb von Genossenschaftsanteilen erleichtern. Wir werden Mietkaufmodelle fördern und ein Programm „Jung-Kauft-Alt“ für den Erwerb von Bestandsimmobilien insbesondere in vom Leerstand betroffenen Ortskernen auflegen.
Menschen, die in Obdachlosigkeit abgerutscht sind, müssen wir als Gesellschaft nachhaltig helfen. Deshalb wollen wir eine flächendeckende Umsetzung von Housing-First-Konzepten in den Städten und Kommunen voranbringen. Die sehr hohen Erfolgsquoten dieser Projekte ermöglichen die Rückkehr in die eigene Wohnung und damit ein Leben in Würde.
Die Corona-Pandemie verstärkt die Strukturveränderungen in unseren Innenstädten und Stadtteilzentren. Das betrifft den Einzelhandel, die Gastronomie und das Hotelgewerbe ebenso wie Museen, Theater, Büchereien und Kinos. Die gemeinsam mit den Ländern getragene Städtebauförderung sichern wir ab. Wir unterstützen die Städte dabei, die Innenstädte lebendig zu halten und notwendige Nutzungsänderungen mitgestalten zu können, unter anderem durch eine Mietpreisbegrenzung, einen Mieterschutz im Gewerbeimmobilienbereich, durch Konzepte zur Revitalisierung von Standorten und die Förderung von Co-Working-Spaces in den Innenstädten. Ein besonderes Augenmerk werden wir auf die Entwicklung im ländlichen Raum legen. Wir werden generationenübergreifende, alternative und barrierefreie Wohnform en in Städten und Quartieren fördern.
Gut aufwachsen
Kinder und Jugendliche brauchen starke Familien. Sie brauchen Liebe, Zuwendung und viel gemeinsame Zeit. Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft hängt davon ab, dass sich Menschen für Kinder entscheiden und sie auf ihrem Weg in ein selbständiges Leben bestmöglich begleiten. Die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf ist für viele noch immer ein täglicher Spagat – hier brauchen Eltern mehr Unterstützung. Das gilt zumal dann, wenn neben der Kindererziehung noch Alltagshilfe oder Pflege für ältere Angehörige zu leisten ist.
In der Krise ist erneut deutlich geworden, dass Fürsorgearbeit überwiegend von Frauen geleistet wird. Wir treten dafür an, dass Familien mehr Zeit füreinander haben, und dass es einfacher wird, Erwerbs- und Sorgearbeit gerechter zwischen allen Geschlechtern aufzuteilen, und Alleinerziehende besser unterstützt werden.
Wir werden ein Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit einführen. Die erste Säule sind zwei Wochen Elternschaftszeit direkt nach Geburt eines Kindes, auf die jeder Vater bzw. der/die Partner*in kurzfristig und sozial abgesichert Anspruch hat. Wir werden damit Familien mit Kindern in ihrer allerersten Phase unterstützen und die Voraussetzungen für eine gerechtere Aufteilung von Sorgeaufgaben schaffen.
Die zweite Säule ist die Familienarbeitszeit, mit der wir den derzeitigen Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus zu einer flexiblen, geförderten Elternteilzeit nach dem ersten Lebensjahr eines Kindes ausbauen werden. Wenn in Paarfamilien beide Elternteile gleichzeitig oder Alleinerziehende etwas weniger als Vollzeit arbeiten, sollen sie zukünftig je zehn Monate ElterngeldPlus erhalten – mindestens 200 und höchstens 900 Euro. Diese Leistung kann so lange genutzt werden, wie auch der Anspruch auf Elternzeit gilt, also bis zum achten Geburtstag des Kindes. Denn auch jenseits des Kleinkindalters brauchen Eltern Zeit für ihre Kinder, sei es bei der Einschulung, weil ein Umzug ansteht oder ein Kind einfach mehr unterstützt werden muss als andere.
Die dritte Säule ist die dauerhafte Ausweitung der pandemiebedingt erhöhten Kinderkrankentage auf 20 Tage pro Kind, Jahr und Elternteil (als „Elterngeld akut“) - bei mehr als zwei Kindern maximal 45 Tage pro Elternteil und 90 Tage für Alleinerziehende. Kinderkrankentage waren schon vor Corona oft zu knapp - gerade bei jüngeren Kindern, die in den ersten Kita-Jahren häufig krank werden. Darüber hinaus soll künftig auch anderer kurzzeitiger Betreuungsbedarf über das „Elterngeld akut“ organisiert werden können.
Unser Modell der Familienpflegezeit ist die vierte Säule. Wer Angehörige pflegt, soll dabei unterstützt werden, die Pflege mit Erwerbsarbeit zu kombinieren. Das bedeutet: 15 Monate Anspruch auf Unterstützung (Lohnersatz) bei einer Arbeitszeitreduzierung für jeden nahen Angehörigen ab Pflegegrad 2, auf mehrere Pflegepersonen aufteilbar mit einer Mindestarbeitszeit von 15 bis 20 Stunden. Wichtig ist, dass Unternehmen gezielt auch die Männer ermutigen, dieses Modell zu nutzen.
Wir werden dafür sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen haben, das Bestmögliche aus ihrem Leben zu machen. Jedes Kind soll gut und geborgen aufwachsen und alle jungen Menschen sollen gut ins Erwachsenenleben starten. Die Unterstützung von Kindern und Familien in Deutschland ist vielfältig. Aber genau dort, wo sie besonders gebraucht wird, kommt sie oft nicht an.
Wir haben deshalb ein Konzept der Kindergrundsicherung entwickelt, das aus zwei zentralen Bereichen besteht. Zum einen aus einer Infrastruktur, die gerechte Bildung und Teilhabe für alle Kinder ermöglicht. Sie beinhaltet gute und beitragsfreie Kitas, ein Ganztagsangebot für Schulkinder, eine soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche und freie Fahrt in Bus und Bahn im Nahverkehr sowie ein Recht auf Mobilität vor allem für den ländlichen Raum. Die Kindergrundsicherung besteht zum anderen aus einem neuen existenzsichernden, automatisch ausgezahlten Kindergeld, das nach Einkommen der Familie gestaffelt ist – je höher der Unterstützungsbedarf, desto höher das Kindergeld. Damit machen wir das Leben der Familien leichter, die es besonders schwer haben.
Der monatliche Basisbetrag dieses neuen Kindergeldes wird bei zirka 250 Euro liegen. Der Höchstbetrag wird sich an den Ausgaben von Familien mit mittleren Einkommen für Bildung und Teilhabe orientieren und mindestens doppelt so hoch sein wie der Basisbetrag. Im Höchstbetrag sind das sächliche Existenzminimum inklusive Wohnkostenpauschale sowie Bildungs- und Teilhabekosten enthalten. Das neue Kindergeld ersetzt so den Kinderfreibetrag und bündelt bisherige Leistungen.
Junge Menschen in Ausbildung sollen durch direkte, elternunabhängige Auszahlung des neuen Kindergeldes finanziell abgesichert werden - mit einem zusätzlichen, auskömmlichen Fördersatz an BAföG obendrauf. Wir wollen Hilfen für Kinder, Jugendliche und Familien bündeln, die von Krankheit oder Behinderung betroffen sind. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern müssen einen einfachen Zugang zu Unterstützungsleistungen haben. Dafür sind weitere Schritte notwendig. Der Kampf gegen Bildungsbenachteiligung muss in allen Systemen konsequent stattfinden. Die erste Bildungseinrichtung im Leben eines Kindes ist heute die Kita. Deshalb werden wir die frühkindliche Bildung weiter ausbauen.
Tiefer einsteigen:
Ohne bezahlbare Wohnheimangebote ist für viele Auszubildende und Studierende eine erfolgreiche Ausbildung nicht möglich. Wir werden sie ausbauen und zudem das Jugendwohnen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zukünftig für junge Menschen bis 27 Jahre ermöglichen sowie mehr Räume für Jugendarbeit schaffen.
Zur Unterstützung der beruflichen Orientierung und persönlichen Entwicklung, der Stärkung des freiwilligen Engagements muss jeder junge Mensch nach Ende der Schulzeit die Möglichkeit haben, sich für ein Jugendfreiwilligenjahr zu entscheiden. Wir werden einen Rechtsanspruch auf Förderung aller Freiwilligendienst-Vereinbarungen für Unter-27-Jährige schaffen, beispielweise im Freiwilligen Sozialen Jahr oder in internationalen Freiwilligendiensten. Das Freiwillige Soziale Jahr Digital (FSJdigital) werden wir neu auflegen. Das Engagement in Jugendfreiwilligendiensten muss für junge Menschen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft möglich sein. Dafür soll es ein bundesweit einheitliches Freiwilligengeld geben, das junge Menschen zusammen mit dem neuen gestaffelten Kindergeld elternunabhängig absichert.
Wir werden starke Kinderrechte auf Schutz, Beteiligung und Förderung und den Vorrang des Kindeswohls im Grundgesetz verankern. Wir werden das Wahlalter für junge Menschen auf 16 Jahre senken. Kinder und Jugendliche müssen auf allen Ebenen an politischen Prozessen beteiligt werden und einen Anspruch auf echte Beteiligung in kommunalen Jugendhilfeausschüssen und Landesjugendhilfeausschüssen haben, die gesetzlich in den Kommunalverfassungen verankert werden müssen. Jugendverbände und bestehende Beteiligungsstrukturen wie Jugendringe, Kinder- und Jugendparlamente wollen wir dauerhaft und nachhaltig finanzieren und jedes neue Gesetz einem Jugend-Check unterziehen.
Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Jugend- und Auszubildenden-Vertretungen (JAV) werden wir verbessern, indem ihr Vertretungsrecht auf alle Beschäftigten in Ausbildung ausgedehnt und die Gründung einer JAV erleichtert wird.
Mit einem Bundesprogramm „Gemeindehaus 2.0“ werden wir aufbauend auf dem Netz der Mehrgenerationenhäuser noch mehr Angebote unter einem Dach bündeln: außerschulische Bildung, Sport, Kultur und Jugendarbeit, Netzwerke für den Kinderschutz, barrierefreie digitale Infrastruktur für alle Kinder und Jugendlichen, die sie für Bildung und gesellschaftliche Teilhabe benötigen. Selbstbestimmte Räume für die Kinder- und Jugendarbeit müssen unabhängig davon erhalten und ausgebaut werden. An Kinder gerichtete Werbung wollen wir reglementieren. Kitas und Schulen müssen ein werbefreier Raum sein.
Ein gutes Ganztagangebot ist entscheidend für gleiche Chancen – und das muss für alle Kinder zur Verfügung stehen. Ganztagsschulen sind Lern- und Lebensorte, wo gute Chancen für alle ermöglicht und sichergestellt werden. Schule erreicht jedes Kind, unabhängig von seiner Herkunft. Der Rechtsanspruch auf ein ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot im Grundschulalter ist ein wichtiger Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit und zudem für viele Eltern der notwendige nächste Schritt in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auf den sie dringend warten. Mehr als 70 Prozent wünschen sich ein solches Angebot für ihre Kinder.
Tiefer einsteigen:
Durch die Einschränkung des Präsenzunterrichts während der Pandemie droht sich die Verbindung von Bildungserfolg und Familienhintergrund zu verfestigen und Bildungsbenachteiligungen zu verstärken. Aus diesem Grund starten wir die Bundesinitiative Chancengleichheit in der Bildung. Durch ein Bundesprogramm für Schulsozialarbeit werden den Kommunen Mittel zur Förderung von Chancenhelfern an jeder Schule bereitgestellt.
Der Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse ist für uns bei der Weiterentwicklung der Bund-Länder-Zusammenarbeit maßgebend, damit Kinder und Jugendliche aus wirtschaftlich benachteiligten Familien nicht alleine gelassen werden. Die Mittel von Bund und Ländern müssen durch die zusätzliche Einführung von Sozialkriterien da ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche sicher aufwachsen. Wir werden daher Strafrecht und Prävention besser verbinden, um Kinder und Jugendliche wirksam zu schützen. Wir brauchen Schutzkonzepte unter anderem mit Kinderschutzbeauftragten für Kitas, Schulen, Jugendhilfe-Einrichtungen und Vereine und werden das durch vom Bund geförderte Pilotprojekte unterstützen. Darüber hinaus werden wir unabhängige Ombudsstellen einrichten.
Wir werden Präventionsketten und Netzwerke für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen schaffen, in denen Jugendhilfe und Gesundheitsdienst, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, öffentliche und freie Träger, Sportvereine und Verbände, Polizei und Familiengerichte auf kommunaler Ebene verbindlich zusammenwirken.
Schutzstandards für Kinder und Jugendliche müssen auch im digitalen Raum gelten, also auch beim Schutz der persönlichen Integrität, vor sexueller Belästigung und Gewalt, bei Entwicklungsbeeinträchtigungen und wirtschaftlicher Ausbeutung. Um die Belastungen für Kinder und Jugendliche vor allem in Kinderschutz- oder Familienrechtsverfahren so gering wie möglich zu halten, setzen wir uns für eine kindersensible Justiz ein.
Gleichstellung verwirklichen
Bei der großen Aufgabe der Gleichberechtigung der Geschlechter wurde in den letzten Jahrzehnten vieles erreicht, wenn auch lange noch nicht alles. Die Pandemie hat erneut die immer noch ungleichen Chancen von Frauen und Männern gezeigt.
Wir wollen ein Jahrzehnt der Gleichstellung. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche durchziehen muss: Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik, Bildungs- und Rechtspolitik – aber auch Haushalts- und Finanzpolitik. Dies schließt eine geschlechtergerechte Haushaltssteuerung mit ein. Wir wollen die Gleichstellung von Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen bis 2030 erreichen. Dazu werden wir die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung zu einem verbindlichen Fahrplan mit konkreten und wirksamen Maßnahmen für alle Politikbereiche weiterentwickeln. Und wir kämpfen für die Umsetzung der EU-Gleichstellungsstrategie, das Lösen der Blockade von Women on Board und die Paytransparency Richtlinie in der EU.
Gleichberechtigung ist auch eine Frage der politischen Repräsentation. Darum setzen wir uns für Paritätsgesetze für den Bundestag, die Länder und Kommunen ein, damit alle Geschlechter in gleichem Maße an politischen Entscheidungen beteiligt sind.
Das Prinzip des gleichen Lohns für die gleiche und gleichwertige Arbeit muss gelten. Wir haben per Gesetz dafür gesorgt, dass Arbeitnehmer*innen einen Auskunftsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber haben, damit sie herausfinden können, ob andere Kolleg*innen, die die gleiche Arbeit machen, mehr Geld dafür bekommen. Das reicht aber nicht. Wir werden das Entgelttransparenzgesetz so weiterentwickeln, dass es Unternehmen und Verwaltungen verpflichtet, Löhne und Gehälter im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit zu überprüfen und Verfahren festzulegen, mit denen Ungleichheit bei der Entlohnung beseitigt wird, ohne dass sich Betroffene selbst darum kümmern müssen. Wir werden eine entsprechende Regelung auch auf europäischer Ebene vorantreiben.
Erfolgreiches Wirtschaften braucht geschlechterparitätische und kulturell vielfältige Arbeitsteams. Das gilt selbstverständlich auch an den Unternehmensspitzen. Wir haben bisher eine Quote für Aufsichtsräte eingeführt und geregelt, dass in größeren Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten großen Unternehmen mindestens eine Frau vertreten sein muss. Wir wollen, dass an der Spitze von Unternehmen und in den Führungsebenen darunter genauso viele Frauen wie Männer vertreten sind. Dies werden wir auf alle börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen ausweiten und wirksame Sanktionen einführen für alle, die sich nicht daran halten.
In Start-ups und den großen Tech-Unternehmen wird im buchstäblichen Sinne unsere Zukunft programmiert. Frauen sollen daran einen relevanten Anteil haben. Der erste Mensch auf der Welt, der eine Maschine programmiert hat, war eine Frau: Ada Lovelace.
Doch heute sind IT-Berufe in hohem Maße von Männern dominiert, und an der Spitze von Tech-Unternehmen in Deutschland sind Frauen noch seltener vertreten als im Durchschnitt der Unternehmen. Wir wollen, dass Mädchen und junge Frauen früh erfahren, dass Technik und Unternehmensgründung etwas für sie sein kann und setzen uns weiterhin für die Förderung von Frauen und Mädchen im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich (MINT) ein. Wir wollen einen besseren Zugang für Frauen zu Gründungskapital und eine umfassende und koordinierte Förderstrategie, um geschlechtsbezogene Barrieren insbesondere für digitalisierungsbezogene Unternehmensgründungen abzubauen.
Wenn der Einsatz von Algorithmen, zum Beispiel bei der Personalrekrutierung, über das Leben oder die Chancen von Menschen mitentscheidet, dürfen sie niemals diskriminieren. Wir wollen verantwortungsvolle Künstliche Intelligenzen (KI) und Algorithmen, die vorurteilsfrei programmiert sind und auf diskriminierungsfreien Datenlagen basieren. Dies soll regelmäßig geprüft und zertifiziert werden.
Dass jeden dritten Tag eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners stirbt, ist erschütternd. Jede siebte Frau erlebt Belästigung oder Gewalt am Arbeitsplatz. Um Gewalt gegen Frauen wirksam zu bekämpfen, werden wir die rechtlichen Grundlagen für eine wirksame Strafverfolgung und die Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen verbessern. Entsprechend unserer Verpflichtungen aus der "Istanbul-Konvention“ werden wir das Hilfesystem aus Beratungsstellen, Frauenhäusern und anderen Schutzeinrichtungen weiterentwickeln und die internationalen Vereinbarungen zum Schutz vor Gewalt am Arbeitsplatz (ILO Konvention 190) umsetzen. Für von Gewalt betroffene Frauen führen wir einen Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz ein. Wir werden Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Femizide einrichten – also zur Verfolgung von Morden an Frauen, die begangen wurden, weil sie Frauen sind und setzen uns gesellschaftlich dafür ein, dass Femizide auch als solche benannt werden und nicht als "Verbrechen aus Leidenschaft" oder "Familientragödie".
Paare, die sich für Kinder entscheiden, brauchen Versorgungssicherheit und die freie Wahl des Geburtsortes. Ob nun stationär oder ambulant in der Klinik, im Geburtshaus oder in den eigenen vier Wänden. Für eine gute Geburtsbegleitung ist ein Betreuungsschlüssel für Hebammen notwendig, der eine Eins-zu-eins-Betreuung im Kreißsaal vorsieht. Daher muss auch die Geburtshilfe aus dem System der „diagnosebezogenen Fallpauschalen“ entlassen werden. Zudem setzen wir uns für eine leistungsgerechte Vergütung der freiberuflichen Hebammen ein, die ihre verantwortungsvollen Aufgaben umfassend berücksichtigt.
In der Familienplanung müssen Menschen selbstbestimmte Entscheidungen treffen können – eigenständig, partnerschaftlich, und unabhängig vom Einkommen. Wir werden deshalb für einen kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln sorgen und gezielt die Erforschung von Verhütungsmethoden für Männer fördern.
Frauen und Paare, die sich in einer Konfliktsituation für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, brauchen Zugang zu Informationen und einer wohnortnahen, guten medizinischen Versorgung – das gilt ambulant wie stationär. Deshalb müssen Länder und Kommunen dafür sorgen, dass Krankenhäuser, die öffentliche Mittel erhalten, Schwangerschaftsabbrüche als Grundversorgung anbieten. Wir erkennen die Verantwortung und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen an und wollen auch deshalb den Paragraphen 219a abschaffen. Zudem stellen wir in Hinblick auf die Paragraphen 218 ff. fest: Schwangerschaftskonflikte gehören nicht ins Strafrecht.
In der Familie wird füreinander Verantwortung übernommen. Die Ehe ist und bleibt dafür attraktiv. Deshalb haben wir die Ehe für alle durchgesetzt. Zugleich ist klar, Verantwortung hängt nicht am Trauschein. Wir werden vielfältige Familienmodelle rechtlich absichern. Mit der Verantwortungsgemeinschaft schaffen wir nach dem Vorbild des französischen „Pacte civil de solidarité (PACS) eine Möglichkeit des füreinander Einstehens für alle, zu deren Lebenssituation das klassische Ehe-Modell nicht passt. Mit der Verantwortungsgemeinschaft unterstützen wir beispielsweise Regenbogenfamilien zusätzlich darin, füreinander Sorge zu tragen und Verantwortung zu übernehmen, wenn sich mehrere Menschen mit oder anstelle der biologischen Eltern um Kinder kümmern.
Wir schaffen ein modernes Abstammungsrecht. Wir setzen uns ein für gleiche Rechte von gleichgeschlechtlichen Partner*innen in der Ehe, insbesondere bei Adoptionen.
Kein Gericht sollte künftig mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden. Psychologische Gutachten zur Feststellung der Geschlechtsidentität werden wir abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können. Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandelt werden, deshalb werden wir das Transsexuellengesetz reformieren. Das Diskriminierungsverbot wegen der geschlechtlichen und sexuellen Identität werden wir in Art. 3 Abs. 3 GG aufnehmen.
Die gleichberechtigte Teilhabe aller Geschlechter und Identitäten ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft. So können alte Rollen- und Denkmuster aufgebrochen werden. Wir setzen uns für die Anerkennung und Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-, Inter- und queeren Menschen (LSBTIQ*) ein. Wir setzen uns die rechtliche Absicherung von LSBTIQ*-Familien und Trans* und Inter*Personen zum Ziel.
Wir stellen uns konsequent gegen Diskriminierung und Gewalt. Wir werden einen nationalen Aktionsplan gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie und Gewalt gegen LSBTIQ* einführen und uns auf europäischer Ebene für die Ächtung solcher Diskriminierung einsetzen. Wir fördern den Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung, die sich gegen queere Menschen richtet - in Deutschland und der Europäischen Union. Wir werden darauf hinwirken, dass die diskriminierende Richtlinie der Bundesärztekammer zur Blutspende abgeschafft wird.
In unserer Gesellschaft soll das tägliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen selbstverständlich werden. Menschen mit Behinderungen sollen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten. Auch für sie gilt das Recht auf gute Arbeit. Das werden wir durch die Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen und die Weiterentwicklung der Ausgleichsabgabe unterstützen. Viele Menschen mit Behinderungen sind gut oder sogar sehr gut ausgebildet und in Zeiten des Fachkräftemangels begehrte Arbeitskräfte. Wir setzen uns dafür ein, dass eine einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber*innen kleiner und mittlerer Unternehmen geschaffen wird, die bei Fragen beispielsweise zu Barrierefreiheit oder Lohnzuschüssen berät.
Das gesellschaftliche Leben muss auf allen Ebenen für Menschen mit Behinderung inklusiv gestaltet werden. Dabei ist Barrierefreiheit unverzichtbar. Wir werden vor allem die Kommunen bei dieser Aufgabe unterstützen. Der große Mangel an barrierefreien bzw. armen Wohnraum, porthallen und anderen Freizeiteinrichtungen muss behoben werden. Wir werden ein Bundesprogramm Barrierefreiheit initiieren, das über entsprechende Ressourcen verfügen muss.
Zusammen leben
Grundvoraussetzung für ein gemeinsames Leben in einer Gesellschaft des Respekts ist die Gewissheit, dass man dazugehört, dass man unabhängig von einer familiären Migrationsbiografie akzeptiert ist und dazugehört.
Für Deutschland ist Migration nichts Unbekanntes. Unser Land hat stets Menschen aus anderen Regionen aufgenommen – genauso wie auch Deutsche in anderen Ländern der Welt eine neue Heimat gefunden haben. Das macht uns als Gesellschaft reicher und bringt uns voran. Unser Ziel ist, dafür zu sorgen, dass diese Selbstverständlichkeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl in allen Bereichen der Gesellschaft sichtbar und spürbar werden.
Es geht darum, allen Bürger*innen zu garantieren, dass sie dieselben Chancen und Möglichkeiten haben – frei von Diskriminierung. Dafür werden wir die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes stärken und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz modernisieren. Gleichzeitig werden wir nachdrücklich gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islamfeindlichkeit, Antifeminismus, Sexismus und LSBTIQ*-Feindlichkeit vorgehen. Ein besserer Austausch und ein abgestimmtes Vorgehen, zum Beispiel durch die Schaffung einer Bund-Länder-Kommission, ist ein wichtiger Schritt. Zudem müssen Straftaten in diesem Bereich konsequenter erfasst und geahndet werden.
Integration ist eine permanente gesellschaftliche, wie auch staatliche Aufgabe. Wir möchten allen Menschen, die neu zu uns kommen, den Anspruch auf Integrations- und Beteiligungsangebote gewährleisten. Für das Miteinander stärken wir die Integrations- und Sprachkurse für alle zugewanderten Menschen in Deutschland, zu denen sie – ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit und ihres Aufenthaltsstatus – von Tag eins an Zugang haben sollen. Alle Kinder müssen unmittelbar die Möglichkeit erhalten, eine Kita zu besuchen; auch die Schulpflicht gilt unmittelbar für alle Kinder. Gut integrierten Menschen ohne gesicherten Aufenthalt wollen wir ein dauerhaftes Bleiberecht ermöglichen. Familien gehören zusammen.Auch die Integration klappt am besten mit der Familie. Die Regelungen für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wollen wir daher wieder an die für Flüchtlinge angleichen. Dabei werden wir auch Regelungen für den Geschwisternachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen schaffen. Jeder, der bei uns lebt, soll das Recht haben, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Arbeitsverbote werden wir daher abschaffen.
Auch der Zustand von jahrelanger Kettenduldungen ist ein Integrationshemmnis und muss durch Stichtagsregelung beendet werden, um Menschen eine Perspektive zu geben. Die zwangsweise Rückführung von Menschen in Länder, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben droht, lehnen wir ab.
Gleichwohl muss unsere Integrationsfähigkeit weit mehr als die Finanzierung von Sprach- und Integrationskursen umfassen. Und es geht auch nicht nur um neu Zugezogene. Auch die Kinder und Enkel der damals so genannten „Gastarbeiter*innen“ und Vertragsarbeiter*innen“ der 60er Jahre erfahren noch heute Diskriminierung im Alltag.
Der öffentliche Dienst muss Vorbild in Sachen Integration sein. Im Sinne der Chancengleichheit ist darauf zu achten, dass auch marginalisierte Personengruppen Zugang zu Stellen im öffentlichen Dienst erhalten und dass es allen Beschäftigten gleichermaßen möglich ist, sich fortzubilden und aufzusteigen. Wir brauchen darum neben zielgruppenspezifischen Formulierungen von Stellenausschreibungen, Anerkennung von Vielfaltskompetenzen, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen sowie Entgeltgerechtigkeit auch ein Partizipations- und Integrationsgesetz, das staatliche Institutionen zu einem Prozess der interkulturellen Öffnung verpflichtet.
Unsere Gesellschaft des Respekts braucht ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. Nachdem wir bereits dafür gesorgt haben, dass grundsätzlich alle in Deutschland geborenen Kinder mit der Geburt auch deutsche Staatsbürger*innen sind, werden wir auch die generelle Möglichkeit von Mehrstaatigkeit gesetzlich verankern. Wir wollen bestehende Hürden bei Einbürgerungen abschaffen und hierfür auch die geltende Regelaufenthaltsdauer von bisher acht Jahren verkürzen.
Für den Kampf gegen Rassismus in der deutschen Gesellschaft braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit unserer kolonialen Vergangenheit. Es gilt verantwortungsvoll mit unserer historischen Schuld umzugehen.
Wir begrüßen das Engagement in den Religionsgemeinschaften und Kirchen. Den interreligiösen Dialog und den Dialog von Religionen, Weltanschauungen und Kulturen werden wir weiter fördern und verstärken. Wir begrüßen das Engagement von säkularen Initiativen der Zivilgesellschaft. Die Religionsfreiheit ist fest im Grundgesetz verankert und wir schützen sie.
Demokratie stärken
Demokratie ist verletzlich. Sie zu schützen ist erforderlich. Deshalb müssen wir unsere Demokratie wehrhaft gegen ihre Feinde machen. Dabei hat sich die ausdifferenzierte föderale Sicherheitsstruktur bewährt. Wir werden sie weiter verbessern durch eine wirkungsvollere Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern.
Demokratie ist die Basis einer Gesellschaft, die allen die Chance bietet, in Freiheit und Sicherheit zu leben. Mit einem Demokratiefördergesetz werden wir Vereine, Projekte und Initiativen langfristig fördern und sie besser wappnen gegen die Feinde unserer offenen Gesellschaft. Wir werden das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ weiter ausbauen und hierüber Präventionsprojekte auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene fördern. Auch politische Bildung ist unverzichtbar. Dafür setzen wir uns innerhalb und außerhalb der schulischen Bildung für verstärkten und einfacheren Zugang zu politischen Bildungsmöglichkeiten und Demokratieförderung ein. Wir werden Arbeitnehmer*innen verstärkt in die Lage versetzen, ihren gesetzlichen Bildungsurlaub zu nutzen, um sich einfacher für ihr ehrenamtliches Engagement freistellen zu lassen.
Millionen Bürger*innen engagieren sich ehrenamtlich in (Sport-)Vereinen, der freiwilligen Feuerwehr, Kirchen- und Religionsgemeinschaften, Tafeln, Frauennotrufen, Flüchtlingsorganisationen, dem THW und anderen Organisationen. Mit ihrer Arbeit tragen sie dazu bei, dass unser Gemeinwesen funktioniert. Dieses ehrenamtliche zivilgesellschaftliche Engagement ist für uns unverzichtbar. Wir werden es daher weiter unterstützen.
Sport hat eine zentrale Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, für Inklusion, Integration und gegen Diskriminierung. Breiten- und Leistungssport werden wir fördern. Wir stehen als Sozialdemokraten*innen für einen Sport, der unsere Verfassungswerte auch in nationalen und internationalen Wettbewerben vorlebt. Wir werden auch in den kommenden Jahren den Spitzensport fördern. Darüber hinaus verlieren wir die Belange und Sorgen unserer Vereine vor Ort nicht aus dem Blick. Bund, Bundesländer und Kommunen sind gleichermaßen aufgefordert, die Basis des Sports bei der Überwindung der pandemiebedingten Probleme in besonderer Weise zu unterstützen.
Zu einer lebendigen Demokratie gehört eine starke Zivilgesellschaft und ein zeitgemäßes Gemeinnützigkeitsrecht. Daher werden wir prüfen, welche weiteren gesellschaftspolitisch bedeutsamen Bereiche in den Katalog gemeinnütziger Zwecke aufgenommen werden können und sicherstellen, dass steuerbegünstigte Körperschaften wie Vereine bei der Verfolgung ihrer satzungsmäßigen Zwecke auch politisch tätig sein können und z.B. der Aufruf eines Sportvereins zu einer Demonstration gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit möglich ist, ohne diese steuerliche Vergünstigung zu verlieren.
Extremisten und Terroristen bedrohen unsere freie Gesellschaft. Um dieser erheblichen Gefahr wirksam begegnen zu können, muss der Verfassungsschutz die Rolle eines demokratischen Frühwarnsystems erfüllen. Verfassungsfeindliche Organisationen werden wir verbieten. Wo Religionsfreiheit missbraucht wird und in religiösen Fanatismus umschlägt, müssen staatliche Sicherheitsbehörden konsequent eingreifen. Mit aller Konsequenz und Härte werden wir weiter gegen Terror und Gewalt vorgehen. Dafür haben wir die gesetzlichen Grundlagen geschaffen.
Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden oder auch bei der Bundeswehr bekämpfen wir konsequent. Der Entstehung von rassistischen Denkmustern im Polizeialltag wirken wir durch die Ermöglichung von mehr Supervision, Fort- und Weiterbildungen sowie guten Arbeitsbedingungen entgegen. Wir unterstützen die Einrichtungen von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Verfolgung von Antisemitismus und Rassismus.
Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus stellen uns vor neue Herausforderungen insbesondere in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen und der Shoa. Wir werden die wissenschaftliche und gesichtsdidaktische Aufbereitung der Zeitzeugenberichte und des Quellenmaterials zur NS-Zeit besser unterstützen. Wir werden kleine Initiativen und Gedenkorte stärker unterstützen.
Wir werden die Bundesstiftung Aufarbeitung stärken, damit auch das Engagement der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur landesweit mehr Unterstützung erhält. Wir unterstützen das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit.
Mit Blick auf die von Deutschen verübten Kolonialverbrechen werden wir auch bundespolitisch die Entwicklung einer postkolonialen Erinnerungskultur fördern. Zu ihr gehören ein veränderter Umgang mit kolonial belastetem Sammlungsgut in Museen. Herausragende Orte der Demokratiegeschichte Deutschlands wollen wir auf Bundesebene fördern.
Kultur fördern
Kultur ist lebensnotwendig, als Inspirationsquelle und Katalysator von Debatten. Viele Fragen, die uns zurzeit bewegen, sind im Kern kulturpolitische Fragen. Wir erleben ja nicht nur die Bedrohung des sozialen Zusammenhalts, sondern auch ein Schwinden des gemeinsamen Sinns und der gemeinsamen Wertegrundlage. Für eine Demokratie eine beunruhigende Entwicklung.
Angesichts der existentiellen Bedeutung von Kunst und Kultur müssen wir uns als Gesellschaft darüber verständigen, was Kulturpolitik im 21. Jahrhundert leisten muss. Dafür wollen wir die kulturpolitischen Spitzengespräche zu einem bundesweiten Kulturplenum weiterentwickeln, in dem neben Kommunen, Ländern und Bund auch Kulturproduzent*innen, ihre Verbände und die Zivilgesellschaft vertreten sind, um einen neuen Kulturkonsens über die Aufgaben und Verfahren der Kulturpolitik, ein kulturelles Bündnis der Vielfalt und Freiheit zu erarbeiten. Wir wollen Kultur als Staatsziel im Grundgesetz verankern.
Zur Förderung der Kultur müssen die bestehenden Infrastrukturen aufrechterhalten und die Produktionsmöglichkeiten künstlerischer und kultureller Inhalte auch in der freien Szene gesichert werden. Dazu werden wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler*innen verstärkt berücksichtigen. Zur besseren sozialen Sicherung von freischaffenden Künstler*innen werden wir Mindestgagen und Ausstellungshonorare fest etablieren.
Tiefer einsteigen:
Wir wollen die Mittel bereitstellen, damit Kunst entstehen kann und Kultureinrichtungen allen offenstehen, vom Theater bis zum Musikclub, vom Museum bis zum soziokulturellen Zentrum, von der Bibliothek bis zur Musikschule. Eine entscheidende Aufgabe wird sein, die Kommunen auch finanziell dauerhaft in die Lage zu versetzen, Kunst und Kultur aus eigener Kraft zu fördern. Wir werden die Bundeskulturfonds ausbauen und Programme auflegen, mit denen kulturelle Freiräume gesichert und entwickelt werden können. Wir werden die Rahmenbedingen auf den Märkten für Kultur- und Kreativwirtschaft so gestalten, dass entsprechende Geschäfts- und Erlösmodelle gestärkt werden.
Wir verbessern die Filmförderung durch die Filmförderanstalt (FFA), sichern mit der Novelle des Filmfördergesetzes die Einnahmebasis des Filmschaffenden, unterstützen die internationale Ausstrahlung deutscher Filme, bewahren das Filmerbe und gestalten die Entscheidungsgremien effizienter. Wir wollen die Produktion von audiovisuellen Inhalten am Standort Deutschland fördern, um so zukunftsfähige Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Eine nachhaltige Finanzierungsbasis der Kinoförderung ist nötig, um Kinos erfolgreich in die Zukunft zu führen und ihre regionale Präsenz als Kulturorte sicherzustellen. Wir werden Zukunftskonzepte für die Filmförderung mit der Film-Community entwickeln.
Games sind Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor. Die Potentiale von Games in der digitalen Bildung aber auch von eSports in Vereinen und Schulen werden jedoch noch unzureichend genutzt. Die Förderung von Computerspielen wollen wir darum dauerhaft verankern. Wir werden die Entwicklung von eSports in Deutschland weiter unterstützen, beispielsweise dadurch, dass er gemeinnützig wird. Wir werden allen Bürger*innen den Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen, unabhängig von Herkunft, Bildung, sozialer Lage und finanziellen Mittel. Wir werden uns darum kümmern, dass sich Kultureinrichtungen weiter öffnen können. Wir werden die Vielfalt in den kulturellen Einrichtungen stärken. Wir werden die Diversität und Geschlechtergerechtigkeit auch in Führungspositionen, Gremien und Jurys ausbauen.
Teilhabe an Kunst und Kultur ist ein Schlüssel zu Selbstbewusstsein, Persönlichkeitsentwicklung, Bildung und Integration. Wir werden sie auch durch Programme wie „Kultur macht stark“ nachhaltig als Teil schulischer und außerschulischer Bildung sichern.
Wir werden die Digitalisierung von Mediatheken vorantreiben und unser kulturelles Erbe sichern und besser zugänglich machen. Wir werden die Entwicklung des Digitalen als künstlerischen Raum stärken und digitale Kunstprojekte fördern. Nicht zuletzt werden wir auch die Entwicklung digitaler Kulturveranstaltungen und Erlösmodelle aktiv unterstützen. Kulturaustausch soll sowohl die gesellschaftliche und künstlerische Zusammenarbeit in Europa als auch die europäischen Werte wie Offenheit, Gleichheit, Freiheit und Humanismus betonen.
Kulturnetzwerke, Kulturplattformen und Kulturakteure sind Partner staatlichen Handelns. Der gemeinsame Auftritt zum Beispiel des Goethe-Instituts und des Institut Francais zeigt, wie wir mit unseren Werten und den uns gemeinsam herausfordernden Themen wie dem Kolonialismus umgehen können.
Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus stellen uns vor neue Herausforderungen insbesondere in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen und der Shoa. Wir werden die wissenschaftliche und gesichtsdidaktische Aufbereitung der Zeitzeugenberichte und des Quellenmaterials zur NS-Zeit besser unterstützen. Wir werden kleine Initiativen und Gedenkorte stärker unterstützen und eingedenk des Versterbens von Zeitzeugen die Entwicklung neuer Formen der Gedenkkultur fördern
Wir werden die Bundesstiftung Aufarbeitung stärken, damit auch das Engagement der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur landesweit mehr Unterstützung erhält. Wir unterstützen das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit.
Mit Blick auf die von Deutschen verübten Kolonialverbrechen werden wir auch bundespolitisch die Entwicklung einer postkolonialen Erinnerungskultur fördern. Zu ihr gehören ein veränderter Umgang mit kolonial belastetem Sammlungsgut in Museen. Herausragende Orte der Demokratiegeschichte Deutschlands wollen wir auf Bundesebene fördern.
Einander besser verstehen
Die neue Welt ist digital und medial. Deshalb sind digitale und mediale Teilhabe, Vielfalt, Chancengleichheit und ein kommunikativer Pluralismus von grundlegender Bedeutung. Wir begreifen Medienpolitik auf allen staatlichen Ebenen als Gesellschaftspolitik. Sie dient dazu, das offene demokratische Gespräch unserer Gesellschaft zu stärken.
Wir setzen uns gesamtstaatlich für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein und unterstützen die Länder darin, den Auftrag in einer digitalen Medienwelt weiter zu entwickeln. Gerade jetzt braucht es öffentlich-rechtliche Angebote, die eine umfassende und tiefgreifende journalistische Berichterstattung sicherstellen.
Wir werden die Rahmenbedingungen privatwirtschaftlichen Medienschaffens stärken und insbesondere dort unterstützen, wo bundesrechtliche Fragen des Wettbewerbs-, Urheber- oder Telekommunikationsrechts die Rahmenbedingungen privater Medienmärkte prägen. Den Verlagen werden wir dabei helfen, die Transformation ins Digitale erfolgreich zu bewältigen. Wir werden die Auskunfts- und Berichterstattungsrechte von Journalist*innen stärken. Wir werden Journalismus im Gemeinnützigkeitsrecht verankern, so dass auch die Stiftungsfinanzierung möglich ist, ohne dass damit marktwirtschaftliche Strukturen konterkariert werden.
Mit Sorge nehmen wir wahr, dass Journalist*innen und Medienunternehmen in vielen Teilen der Welt zunehmend durch staatliche Institutionen und Amtsträger angegriffen, bedroht und in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. In bilateralen Gesprächen und zwischenstaatlichen Zusammenschlüssen werden wir daher Initiativen für den Schutz der Pressefreiheit sowie der Arbeit von Journalist*innen und Medienunternehmen verstärken.
Allen Bürger*innen in Deutschland eine mediale Teilhabe zu ermöglichen, ist eine gemeinsame Verantwortung aller Medien sowie der öffentlichen Stellen. Wir wollen barrierefreie Angebote ausbauen und gemeinsam mit den Medienanbietern die Chancen der Digitalisierung und der technischen Möglichkeiten auch hier nutzen.
Die Corona-Krise hat sehr deutlich gezeigt: Der Bedarf an digital verfügbaren Medien, Bildungs- und Kulturinhalten ist groß. Wir setzen uns daher für eine stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren ein, insbesondere aus den Bereichen Medien, Kultur und Bildung.
Medienkompetenz ist vor allem eine Demokratiekompetenz. Lernen, Arbeiten, Identitätsbildung, Persönlichkeitsentwicklung und die Kommunikation mit anderen sind in unserem Alltag zunehmend an soziale Medien gebunden. Dafür wollen wir die kreative Energie der Netzcommunity mit der Qualität und Erfahrung der klassischen Medien zusammenbringen. Wir wollen Entwicklungsräume schaffen, in denen die digitale Transformation der Medienwelt gelingt, und diese mit Bildungsangeboten verknüpfen.
Sicher leben
Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Wir werden dafür sorgen, dass dies so bleibt. Denn wer von Kriminalität bedroht ist oder sich von ihr bedroht fühlt, handelt nicht mehr frei.
Durch vorbeugende Maßnahmen wollen wir verhindern, dass Bürger*innen Opfer von Kriminalität werden. Gute Sozial-, Arbeitsmarkt-, Kinder-, Familien- und Integrationspolitik bilden die notwendige Basis einer erfolgreichen Prävention.
Für mehr Sicherheit in Deutschland kommt es auf motivierte, gut ausgebildete und gut ausgestattete Polizist*innen an. Es ist unakzeptabel, dass Polizist*innen und Rettungsdienste wie auch Behördenmitarbeiter*innen zunehmend angegriffen und beleidigt werden. Sie verdienen Anerkennung und Respekt für ihre Arbeit. Das muss sich auch in einem modernen Dienstrecht, guten Arbeitsbedingungen und in einer Angemessenen Bezahlung für Beamt*innen und Mitarbeiter*innen der Polizei widerspiegeln. Bund und Länder müssen als attraktiver öffentlicher Dienst untereinander wieder durchlässiger werden und gleichzeitig gegenüber der Wirtschaft wettbewerbsfähig sein.
Wir bekämpfen organisierte Kriminalität, insbesondere den Menschenhandel, wie auch Drogenhandel, bandenmäßige Wohnungseinbrüche und Wirtschaftskriminalität. Wir sorgen dafür, dass die Herkunft von schmutzigem Geld einfacher nachweisbar wird. Notwendig sind kontinuierliche und flächenübergreifende Strukturermittlungen der Länderpolizeien, der Bundespolizei und des Zolls zusammen mit BKA und Europol.
Wir verbessern die Strukturen der Sicherheitsbehörden und sorgen für eine reibungslosere Verzahnung mit der Justiz. Auch hierfür ist es notwendig, dass wir den Pakt für den Rechtsstaat fortführen. Bei begangenen Straftaten müssen Verfahren unmittelbar aufgenommen werden. Die Bestrafung muss schnell im Zusammenhang mit der Tat erfolgen.
In Gefängnissen sollen Täter*innen ihre Strafe verbüßen. Sie sollen immer auch Orte der Resozialisierung sein. Mit den Bundesländern werden wir Maßnahmen zum Schutz vor Radikalisierung und zur Deradikalisierung von Straftäter*innen voranbringen. Um gezielter vorbeugen zu können, müssen wir mehr wissen über Kriminalitätsentwicklungen. Dafür werden wir den Periodischen Sicherheitsbericht wieder regelmäßig erarbeiten lassen.
Wir haben in Deutschland ein leistungsfähiges Hilfesystem für Katastrophen. Ehrenamtliche bilden gerade im ländlichen Raum das Herzstück dieser Strukturen. Wir werden dieses unverzichtbare Engagement weiter unterstützen.
Gleichzeitig zeigen sich hier neue wie bereits bekannte Herausforderungen: Cyberattacken, Desinformation und Terrorismus stellen erhebliche Bedrohungen dar, die schnell weite Teile Bevölkerung betreffen können. Wir sorgen dafür, dass Bund, Länder und Kommunen besser und schneller Hand in Hand arbeiten können.
Gesundheitsschutz, Jugendschutz und Entkriminalisierung bestimmen unsere Drogenpolitik
Wie Alkohol ist auch Cannabis eine gesellschaftliche Realität, mit der wir einen adäquaten politischen Umgang finden müssen. Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum nicht gesenkt, sie stehen einer effektiven Suchtprävention und Jugendschutz entgegen und binden enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei. Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erprobt werden können, begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich. Zudem werden wir bundeseinheitlich regeln, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird.
Tiefer einsteigen:
Natur respektieren
Wir wollen unseren natürlichen Lebensraum erhalten. Dazu müssen wir raus aus der Wegwerfgesellschaft. Der Kreislaufwirtschaft gehört die Zukunft. Insbesondere die Verschmutzung der Meere durch Plastik ist alarmierend. Wir müssen die zunehmende Plastikflut zurückdrängen. Das gelingt nur, wenn wir unnötiges Plastik vermeiden und abschaffen. Dort, wo Einweg-Kunststoff nicht vermeidbar ist, werden wir umweltfreundliche und recycelbare Lösungen einfordern. Möglichst viel Kunststoff muss aufbereitet und wiederverwendet werden. Wir wollen die Hersteller noch stärker in die Pflicht nehmen. Produkte müssen so gestaltet werden, dass man sie wiederverwenden, recyceln und auch reparieren kann.
Wir setzen uns ein für Biodiversitätspolitik, um Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen. Eine besondere Rolle kommt dem Erhalt der Wälder zu. Ebenso wollen wir den Einsatz von Dünger und Pestiziden reduzieren. Ohne leistungsstarke Kohlenstoffsenken kann Deutschland nicht klimaneutral werden. Eine besondere Bedeutung fällt dabei Mooren und Wäldern zu. Bestehende Moore müssen geschützt und trockengelegte Moore müssen im großen Stil wieder vernässt werden. Wälder müssen an den Klimawandel angepasst werden, damit sie auch in Zukunft ihre wichtige Rolle für den Klimaschutz und die Biodiversität erfüllen können.
Die Landwirtschaft hat bei der Bekämpfung des Klimawandels und dem Erhalt der Artenvielfalt eine zentrale Rolle. Wir werden daher die Agrarförderung so ausrichten, dass eine umweltschonende Landwirtschaft im Wettbewerb mithalten kann. Lebensmittel sind unsere Lebensgrundlage. Sie sollten auch den Landwirt*innen ihre Lebensgrundlage sichern. Dies geht nur mit fairen Preisen für hochwertige Nahrungsmittel. Wir werden im Lebensmittelhandel unfairen Handelspraktiken einen Riegel vorschieben, denn sie schaden Verbraucher*innen, Landwirt*innen und fair handelnden Wettbewerbern. Wir setzen uns für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Land- und Fortwirtschaft ein. Wanderarbeiter*innen in Saisonbetrieben der Landwirtschaft sind unverzichtbar für die Sicherung der Lebensmittelversorgung. Prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen von Wanderarbeitnehmer*innen werden wir bekämpfen.
Der Boden, als wichtigstes Gut in der Landwirtschaft, steht den selbst wirtschaftenden Betrieben vor Ort zu. Er darf kein Spekulationsobjekt sein. Wir werden ihn vor Investoren ohne Agrarbezug schützen.
Tierleid ist nicht zu rechtfertigen, auch nicht aus wirtschaftlichem Interesse. In der Nutztierhaltung setzen wir konsequent auf die Verbesserung des Tierwohls bei Einführung einer flächenbezogenen Obergrenze. Den Antibiotikaeinsatz werden wir reduzieren. Wir werden für die Einführung eines verpflichtenden staatlichen Tierwohllabels mit nachvollziehbaren Regeln sorgen und den Transport von lebenden Tieren auf acht Stunden begrenzen.
Für immer mehr Menschen ist die Qualität der Nahrungserzeugung und ihre Wirkung auf Umwelt und Klima relevant. Unser Ziel ist es, gesunde und nachhaltige Ernährung für alle zu ermöglichen. Wir wollen in staatlich finanzierten Einrichtungen eine den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entsprechende gesundheitsfördernde Gemeinschaftsverpflegung umsetzen.
Um gegen Ernährungsarmut vorzugehen, soll sie für die Kita- und Schulverpflegung kostenlos sein. Wir werden Verbraucher*innen die gesunde und nachhaltige Wahl erleichtern und dabei auch die Wirtschaft in die Verantwortung nehmen. Um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen, werden wir es den Produzenten und dem Handel untersagen, genießbare Nahrungsmittel wegzuwerfen. Wir wollen den Wildwuchs an selbst kreierten Labeln von Unternehmen zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte beenden und ein verbindliches staatliches Label entwickeln. Wir werden die Lebensmittelsicherheit durch mehr Kontrollen verbessern und es den Verbraucher*innen durch die Einführung eines Hygienebarometers ermöglichen, sich über die Kontrollergebnisse zu informieren. Wir bleiben beim Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen.